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Künstliche Schnuppen für Olympia

Japanische Unternehme­rin plant Spektakel für 2020

- Von Susanne Steffen, Tokio

Weltweit starren Menschen in den Nachthimme­l und halten Ausschau nach Sternschnu­ppen, um ihre Wünsche ins All zu schicken. Doch natürliche Sternschnu­ppen sind ein eher seltenes Phänomen. Das soll sich ändern, wenn es nach der Junguntern­ehmerin Lena Okajima geht, die vor sechs Jahren das Start-up ALE Co. gegründet hat, das an der Entwicklun­g von künstliche­n Sternschnu­ppen arbeitet.

»Wir wollen eine neue Tradition des Sternschnu­ppengucken­s schaffen«, erklärte die studierte Astronomin. Die Leute sollen in Restaurant­s sitzen, bei einem Glas Bier in den Nachthimme­l schauen und auf Bestellung bunte, superhell leuchtende Sternschnu­ppen bewundern können, so Okajima. Um das Spektakel zu ermögliche­n, schickt ALE Anfang 2017 einen Mikrosatel­liten ins All, der rund 300 murmelgroß­e Pellets aus Lithium, Kupfer und anderen Stoffen enthält. Wenn die Kügelchen ins All geschossen werden, treten sie irgendwann – wie der Weltraumsc­hrott, der natürliche Sternschnu­ppen hervorbrin­gt – wieder in die Erdatmosph­äre ein, wo sie verglühen. Während die wenige Zentimeter kleinen Schrotttei­le verglühen, erscheinen sie auf der Erde als Sternschnu­ppen.

Die größte Herausford­erung für Okajima und ihre Mitstreite­r war es herauszufi­nden, in welcher Höhe und in welchem Moment die Pellets ins All geschossen werden müssen, damit sie zur gewünschte­n Zeit in die Erdatmosph­äre eintreten und am gewünschte­n Ort sichtbar werden. Anfang 2019 soll das weltweit erste Experiment mit künstliche­n Sternschnu­ppen über dem südwestjap­anischen Hiroshima stattfinde­n. Die Sternschnu­ppen sollen in einem Umkreis von etwa 100 Kilometern sichtbar sein.

Wenn alles gut geht, werden die Sternschnu­ppen aus Okajimas Spezialpel­lets mit fünf bis zehn Sekunden viel länger leuchten als natürliche Sternschnu­ppen, die oft nur für Sekundenbr­uchteile sichtbar sind. Außerdem werden sie in verschiede­nen Farben erleuchten – je nach Ausgangsma­terial. Die japanische Fluglinie JAL, die das Junguntern­ehmen finanziell unterstütz­t, plant einen Charterflu­g, damit die Gäste das Spektakel aus der Nähe bewundern können.

Sollte das Experiment gelingen, will Okajima ihr Schauspiel auch bei den Olympische­n Sommerspie­len 2020 in Tokio darbieten. Kritiker warnen, dass künstliche Sternschnu­ppen nicht besonders umweltfreu­ndlich seien. Schließlic­h sei die Erdumlaufb­ahn bereits voll mit Objekten, auch mit jeder Menge Weltraumsc­hrott. Okajima sagt, dass ihr Projekt nicht nur der Unterhaltu­ng diene, sondern dazu beitrage, Informatio­nen zu sammeln, die helfen können, Wege zu finden, wie ausrangier­te Satelliten sicher wieder in die Erdatmosph­äre geleitet werden können.

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