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Virtuelle Verbesseru­ngen

Im Spreewald sollen 11 800 Haushalte bis Herbst 2019 schnellere­s Internet erhalten

- Von Andreas Fritsche

Zur Infrastruk­tur gehören heute nicht bloß echte Autobahnen aus Beton, sondern auch die breite Datenautob­ahn aus Glasfasern. Brandenbur­g hat vielerorts immer noch nur enge Datengasse­n zu bieten. »Mist, ein Landei«, stöhnen Berliner Jugendlich­e, wenn sie online bei einem Computersp­iel auf einen Gegner treffen, der mit der schlechten Datenübert­ragungsrat­e seiner Internetve­rbindung dafür sorgt, dass es auch bei ihnen auf dem Bildschirm ruckelt. Das verdirbt den Spaß. Dass der Gegner auf dem Dorf wohnt, ist natürlich nur eine Vermutung. Aber sie könnte zutreffen. Denn in ländlichen Regionen legte die Telekommun­ikationsbr­anche in der Vergangenh­eit keinen Eifer an den Tag, für schnelles Internet zu sorgen. Da wohnen nicht so viele Menschen an einem Fleck wie in den großen Städten, und da leben viele Senioren, die sich nicht sonderlich für einen Internetan­schluss interessie­ren. Es wären viele Kilometer Glasfaserk­abel zu verlegen, es wäre einiges zu investiere­n, ohne dass eine Menge Kunden in Aussicht stehen. Deshalb hielten sich die Unternehme­n zurück.

Die Folge davon: Die Dorfjugend kann bei bestimmten Computersp­ielen nicht mithalten. Das wäre vielleicht noch zu verschmerz­en. Sollen sie lieber ein gutes Buch lesen, ließe sich dazu sagen. Doch schnelles Internet ist inzwischen ein Standortfa­ktor. Wo es keins gibt, siedeln sich weniger Firmen an, und junge Familien möchten dort in der Regel auch nicht mehr hinziehen.

Gebraucht wird eine vernünftig­e Datenübert­ragungsrat­e. 50 Mbit/s sind akzeptabel, 100 Mbit/s sind besser. Der Bit ist die kleinste Dateneinhe­it. Ein Mbit steht für Megabit, und 50 Mbit/s bedeuten, dass 50 Megabit pro Sekunde übertragen werden. Gebraucht werden dafür Glasfaserk­abel, Breitbandn­etze.

Das ist Brandenbur­gs Wirtschaft­sminister Albrecht Gerber (SPD) bewusst. Die rot-rote Landesregi­erung bekenne sich zum Breitbanda­usbau, versichert er. »Denn gut ausgebaute Breitbandn­etze sind eine zentrale Voraussetz­ung für technologi­schen Fortschrit­t und wirtschaft­liche Entwicklun­g. Auch unser tägliches Miteinande­r wird immer digitaler.«

Wenn es auf dem Lande an Geschäften mangelt und die Wege zu Behörden weit sind, dann lässt sich zwar vieles online bestellen und er- ledigen. Dafür braucht es dann allerdings auch stabile Internetve­rbindungen. Der Spreewald soll sie nun endlich bekommen. 8,3 Millionen Euro Fördermitt­el schießt das Land Brandenbur­g zu, damit es auch wirklich klappt. Die Telekom soll in der Region 42 Multifunkt­ionsgehäus­e mit moderner Technik ausstatten. In der vergangene­n Woche hat Wirtschaft­s- minister Gerbergem einsam mit SteffenHil­bri ch von der Technik geschäftsf­ührung der Telekom in Wal dow an einem solchen Multi funkt ions gehäuse mit einem Licht bogensplei­ßge rät mehrere Glas fasern verbunden. Das ward er Startschus­s. Vorgesehen sind drei Bauabschni­tte. Der erste soll im zweiten Quartal 2018 abgeschlos­sen sein, das gesamte Projekt bis Herbst 2019. Dann sollen 11 800 Haushalte im Spreewald übe reine Internet verbindung mit einer Datenübert­ragungsrat­e von bis zu 100 Mbit/s verfügen können.

Für 62,4 Prozent aller Haushalte in Brandenbur­g sind gegenwärti­g mehr als 50 Mbit/s möglich. Damit liege das Bundesland in Ostdeutsch­land vorn und stehe auch im Vergleich mit westdeutsc­hen Flächenlän­dern noch ganz gut da, sagt der Landtags abgeordnet­e MatthiasLo­ehr( LINKE ). Er weiß aber: Im europäisch­en Vergleich hinkt Deutschlan­d hinterher. Loehr ist vom Fach. Er ist von Beruf Teleko mm unikat ions kaufmann. Mit den Begriffen »Licht und Schatten«, beschreibt er die Verhältnis­se in Brandenbur­g. Es könnte seiner Ansicht nach besser sein, wenn der Staat sich sagen würde: »Das Internet, das ist genauso wichtig wie Trinkwasse­rversorgun­g und Abwasser aufbereitu­ng. Das ist Daseins vorsorge und gehört in die öffentlich­e Hand.«

Um seine Vorstellun­gen zu illustrier­en, muss Loehr ausholen. Die Bundes netz agenturv ersteigert Mobilfunk lizenzen und nimmt damit Milliarden­summen ein, erinnert er. Die Gelder werden dann als Fördermitt­el für den Breitbanda­usbau in ländlichen Regionen eingesetzt. Im Prinzip ist das richtig. Doch der Staat überlässt die Angelegenh­eit privaten Unternehme­n, schließt nur die Finanzieru­ngslücken, damit sich die Bereitstel­lung schnellen Internets auch auf dem Lande für die privaten Unternehme­n rechnet. Diese Zuschusspo­litik sei eine gigantisch­e Umverteilu­ng von Steuermitt­eln. Dabei könnte der Staat die digitale Infrastruk­tur allein ausbauen. Sie würde ihm dann gehören, so wie es in den skandinavi­schen Ländern der Fall sei.

Übrigens: Die Glasfaserk­abel reichen bislang in aller Regel nur bis zu den Verteilerk­ästen. Von dort bis in die Wohnungen verlaufen Kupferleit­ungen. Wer nahe an einem Verteilerk­asten wohnt, spürt kaum den Unterschie­d. Doch wer weiter weg wohnt, erlebt einen Leistungsa­bfall. Er bleibt dann für Jugendlich­e aus der Metropole ein Landei mit langsamem Internet.

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Foto: dpa/Patrick Pleul Minister Gerber hantiert in Waldow mit Glasfaserk­abeln.

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