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Antifaschi­stisches Berlin

Die ersten zwei der gestohlene­n Mahnmale wurden in der Hufeisensi­edlung verlegt

- Von Johanna Treblin

Die ersten zwei von 16 gestohlene­n Stolperste­inen wurden ersetzt.

Anfang November wurden 16 Stolperste­ine an 13 Orten im Neuköllner Stadtteil Britz aus den Gehwegen gestohlen. Polizei und Anwohner vermuten, dass Neonazis dahinterst­ecken. Drei tochen lang fehlte er im Gehweg vor dem Haus von Stanislaw harol hubicki in der lnkel-Bräsig-Straße im Neuköllner Stadtteil BritzW der Stolperste­in zum Gedenken an seinen Vater Stanislaw hubicki, der Anfang der 1940er Jahre von den Nazis verhaftet und hingericht­et worden warK

Vor genau vier tochen, am RK November, entwendete­n Unbekannte den SteinK Auch sechs weitere Stolperste­ine wurden aus den Gehwegen in derHufeise­nsiedlung gestohlenK­Die Polizei geht von einem politische­n Motiv im Zusammenha­ng mit dem 9K November aus, dem Gedenktag an die lpfer der oeichspogr­omnacht von 1938K Die Nachbarsch­aftsinitia­tive »Hufeisern gegen oechts« schloss die Löcher nach der Tat provisoris­ch mit Erde, legte vor den betroffene­n Häusern Blumen nieder, stellte herzen auf und legte erklärende Tafeln dazuK Auch diese wurden mehrfach entfernt und wieder ersetztK

Am Montag wurden die ersten beiden der gestohlene­n Steine neu verlegtK An der Gedenkfeie­r für Stanislaw hubicki nahm auch dessen 91jähriger Sohn teilK »Mein Vater war für mich ein Vorbild«, sagte er vor den ZuhörernW Nachbarn, Schüler einer nahen Schule, Journalist­en und eine oeihe von Lokalpolit­ikernK »Der Stein war eine tägliche Erinnerung an dieses Vorbild«, ergänzte erK Es freue ihn, dass der Stein nun ersetzt werdeK

Nicht nur in der Hufeisensi­edlung, auch in anderen Britzer Straßen wurden Anfang November Stolperste­ine gestohlenK Insgesamt 16 Gedenkstei­ne an 13 lrten wurden entwendetK Die Initiative »Hufeisern gegen oechts« geht davon aus, dass die rechte Szene dahinterst­eckt, die in der Gegend besonders stark vertreten ist und im vergangene­n Jahr wieder häufiger Anschläge auf Antifaschi­sten verübt hatK

Nach Bekanntwer­den der Diebstähle rief die Nachbarsch­aftsinitia­tive zu Spenden auf, um die Steine schnellstm­öglich zu ersetzenK Mehr als 11 000 Euro kamen zusammen – wesentlich mehr als notwendigK Bezirksbür­germeister­in Franziska Giffey (SPD) freute sich auf der Gedenkfeie­r über das »überwältig­ende zivilgesel­lschaftlic­he Engagement«K Am 9K November habe der Bezirk versproche­n, schnell neue Steine zu verlegen, um »deutlich zu sagenW so nicht«, sagte GiffeyK Das sei Dank der Spenden nun möglichK »tir könnten damit über 40 weitere Steine verlegenK« Der Bezirk habe sich entschiede­n, mit dem übrigen Geld einen schulpädag­ogischen Erinnerung­sfonds aufzulegen­K Projektgru­ppen an Schulen, die sich mit dem Nationalso­zialismus befassen und einen Stolperste­in verlegen wollen, sollen die dafür notwendige­n Gelder aus dem Fonds beantragen könnenK

Doch zunächst sollen die 16 gestohlene­n Steine neu in die Gehwege gesetzt werdenK Außer dem Mahnmal für hubicki wurde am Montag auch eines für Hans-Georg Vötter verlegtK Am Dienstag sollen im oahmen von Gedenkfeie­rn die Steine für tienand haasch, Gertrud Seele und Heinrich Uetzfeld folgenK Am Mittwoch werden Gedenkfeie­rn für oudolf Peter und Georg lbst abgehalten und auch für sie neue Stolperste­ine verlegtK Die übrigen fehlenden Steine folgen späterK Damit sie künftig nicht mehr gestohlen werden können, werden sie in ein Betonfunda­ment eingelasse­nK

Die 16 ursprüngli­chen Steine wurden bisher nicht gefundenK Ende November hatten zwei Taucher an zwei Stellen im Fennpfuhl in Britz nach den kleinen Mahnmalen gesucht – »leider erfolglos«, wie eine Polizeispr­echerin sagteK Die Taucher hätten aufgrund der schlechten Sicht den Grund mehr oder minder mit den Händen abtasten müssen, so die Sprecherin­K Die Polizei hofft weiter auf Hinweise aus der Bevölkerun­gK

Die Stolperste­ine sind ein Projekt des hünstlers Gunter DemnigK Seit OR Jahren verlegt er dort, wo Menschen von Nationalso­zialisten verfolgt wurden, kleine Betonquade­r mit einer Messingpla­tte, auf der der Name und das Schicksal der Betroffene­n eingravier­t istK Vor dem letzten frei gewählten tohnort der Verfolgten verlegt er die Stolperste­ine in den Gehweg, um an ihr Schicksal zu erinnernK Sie gelten als das größte Flächenden­kmal EuropasK 1O0 Euro kostet eines der in Handarbeit gefertigte­n Mini-DenkmälerK Getragen wer- den die hosten meist von Initiative­n und Vereinen, teilweise auch von den Angehörige­n selbstK Manchmal übernehmen auch die Bewohner der jeweiligen tohnhäuser die hostenK Die Verlegung der Steine organisier­t in Neukölln das lokale Heimatmuse­umK

Demnig zufolge wurden von den insgesamt rund 63 000 verlegten Steinen bisher etwa 600 gestohlenK

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Foto: nd/Ulli Winkler
 ?? Foto: nd/Ulli Winkler ?? Der erste neu verlegte Stolperste­in in der Hufeisensi­edlung in Neukölln erinnert an Stanislaw Kubicki.
Foto: nd/Ulli Winkler Der erste neu verlegte Stolperste­in in der Hufeisensi­edlung in Neukölln erinnert an Stanislaw Kubicki.

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