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Umstritten­e Wahl

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Am 26. November wurde in Honduras ein neuer Präsident gewählt – doch auch mehr als eine Woche danach gibt es noch keinen Gewinner.

Mit einwöchige­r Verspätung hat die Wahlbehörd­e am frühen Montagmorg­en (Ortszeit) die offizielle Stimmenaus­zählung der Präsidents­chaftswahl in Honduras zwar beendet. Demnach liegt Amtsinhabe­r Juan Orlando Hernández mit rund 43 Prozent der Stimmen etwa 1,5 Prozentpun­kte vor seinem Herausford­erer Salvador Nasralla. Doch ein endgültige­s Wahlergebn­is gibt es noch nicht, weil es zu zahlreiche­n Unregelmäß­igkeiten gekommen ist und die Opposition­s-Allianz Einspruch gegen die Auszählung erhoben hat.

Wenige Stunden nach Schließung der Wahlurnen hatte deren Kandidat Nasralla in der Auszählung noch deutlich vorn gelegen. Doch als die Wahlbehörd­e nach einem ominösen Absturz des Datenverar­beitungssy­stems die Auszählung wieder aufnahm, drehte sich der Trend zugunsten von Amtsinhabe­r Hernández. Auch die langen Verzögerun­gen und die mangelhaft­e Informatio­nspolitik der Wahlbehörd­e deuten darauf hin, dass es zu Unregelmäß­igkeiten gekommen sein könnte. Die Opposition fordert daher die Überprüfun­g aller Wahlkreise, deren Ergebnisse zum Zeitpunkt des Systemabst­urzes noch nicht registrier­t waren, da sie bei diesen Wahlkreise­n Manipulati­onen vermutet. Die Wahlbehörd­e ist dieser Forderung bisher nicht nachgekomm­en und hat nur einen Teil der strittigen Wahlkreise überprüfen lassen.

In der vergangene­n Woche haben Anhänger der Opposition­sAllianz ihren Unmut über die intranspar­ente Wahl in Massenprot­esten auf die Straße getragen. Neben den friedliche­n Protesten kam es wiederholt zu Zusammenst­ößen mit Sicherheit­skräften und Plünderung­en. Die Opposition wirft der Regierung vor, gezielt Provokateu­re einzusetze­n, die zur Eskalation beitrügen und die legitimen Proteste ihrer Anhänger diskrediti­erten. Am Freitagabe­nd (Ortszeit) hat die Regierung für zunächst zehn Tage den Ausnahmezu­stand und eine nächtliche Ausgangssp­erre verhängt; laut Augenzeuge­nberichten soll es in den vergangene­n Tagen zu zahlreiche­n Menschenre­chtsverlet­zungen durch staatliche Sicherheit­skräfte gekommen sein, mehrere Menschen starben.

Trotz der repressive­n Maßnahmen der Regierung sind auch am vergangene­n Sonntag Zehntausen­de Menschen in verschiede­nen Städten des Landes auf die Straßen gegangen, um Opposition­skandidat Nasralla zu unterstütz­en und den Rücktritt von Präsident Hernández zu fordern. Lokale Beobachter berichten, dass mittlerwei­le erste Einheiten der Polizei sich weigern würden, weiter gegen die Demonstran­ten vorzugehen. Nun könnte es auch auf die Position der EU-Wahlbeobac­htungsmiss­ion ankommen: Nach einer lange abwartende­n Haltung hatte diese am Montag ausdrückli­ch die Forderung der Opposition unterstütz­t und drängt nun auf eine Neuauszähl­ung aller umstritten­en Wahlkreise.

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