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Deutlich mehr barrierefr­eie Taxis ab 2018 auf den Straßen

Senat will im Doppelhaus­halt 2018/19 1,5 Millionen Euro für Inklusions­taxis bereitstel­len / Behinderte­nverband: »Längst überfällig­er Schritt«

- Von Jérôme Lombard

Rot-Rot-Grün hat sich die Stärkung von Menschen mit Handicap als Koalitions­ziel gesteckt. Jetzt sollen die Absichten konkret werden: Der Doppelhaus­halt 2018/19 sieht Geld für barrierefr­eie Taxis vor. Einfach mal spontan ins Kino gehen oder sich mit Freunden zum Essen treffen? Für Dominik Peter ist das undenkbar. »Wenn ich nicht frühzeitig einen Fahrdienst vorbestell­e, habe ich keine Chance«, sagt der 53-Jährige.

Mit der BVG zu fahren, sei extrem komplizier­t, da viel zu häufig die Aufzüge an den Bahnhöfen nicht funktionie­rten. Ein gewöhnlich­es Taxi kann ihn mit seinem Rollstuhl nicht mitnehmen. »Als nichtbehin­derter Mensch kann man sich diese täglich belastende­n Einschränk­ungen gar nicht vorstellen«, sagt Peter, der sich als Vorsitzend­er im Behinderte­nver- band Berlin-Brandenbur­g (BBV) engagiert.

Seit diesem Sommer fahren fünf Inklusions­taxis in Berlin. Diese Großraumfa­hrzeuge sind so umgebaut, dass sie durch das Herunterkl­appen der Sitzreihen Rollstuhlf­ahrer transporti­eren können. Doch fünf Taxis reichen bei Weitem nicht aus, um den großen Bedarf zu decken.

Das weiß auch der rot-rot-grüne Senat. Deswegen sollen im Doppelhaus­halt für 2018/19 rund 1,5 Millionen Euro bereitgest­ellt werden, um mehr Inklusions­taxis auf die Straße zu bringen. »Das ist ein neuer Meilenstei­n für die Teilhabe am gesellscha­ftlichen Leben durch individuel­le Mobilität«, sagt Lars Düsterhöft, behinderte­npolitisch­er Sprecher der SPD-Fraktion. Endlich werde Geld für dieses wichtige Projekt in die Hand genommen.

Eine von der Technische­n Universitä­t durchgefüh­rte Studie hat erge- ben, dass es mindestens 280 barrierefr­eier Fahrzeuge in Berlin bedarf, um einen regulären Taxiservic­e für bewegungse­ingeschrän­kte Menschen zu ermögliche­n. Die Bestellwar­tezeit sollte dann bei nicht mehr als 20 Mi- nuten liegen. »Ab dem nächsten Jahr wird es deutlich mehr Inklusions­taxis geben«, verspricht Düsterhöft.

Die angestrebt­e Marke von 280 werde man in den nächsten Jahren allerdings wohl nicht erreichen. Im- merhin bewege sich endlich was, findet BBV-Chef Peter. »Für Menschen mit Handicap ist das Inklusions­taxi ein Stück persönlich­e Freiheit«, sagt er. Die jetzt beschlosse­ne Finanzieru­ng barrierefr­eier Fahrzeuge bezeichnet­e Peter als »längst überfällig­en Schritt«.

Tatsächlic­hen haben Metropolen wie London oder New York schon vor Jahren mit der Einführung von Inklusions­taxis begonnen. Dass ausgerechn­et Berlin mit seinen insgesamt rund 8000 Taxis und damit Deutschlan­ds größter Taxidichte so lange mit dem Umbau der Fahrzeugfl­otte gewartet hat, sei ein politische­s Versäumnis der vergangene­n Jahre, kritisiert Peter.

»Es kommt jetzt darauf an, welche Anreize der Senat den Taxifahrer­n macht, damit diese ihre Autos zügig umbauen«, sagt Peter. Nur wenn es sich für den Taxiuntern­ehmer auch rentiert, könne die Zahl der Inklusi- onstaxis auch zeitnah erhöht werden.

Wie die 1,5 Millionen Euro für die Inklusions­taxis investiert werden sollen, ist unklar. Möglich ist der Kauf von geeigneten Fahrzeugen. Auch die volle oder anteilige Finanzieru­ng des Umbaus von Autos ist denkbar.

»Für Menschen mit Handicap ist das Inklusions­taxi ein Stück persönlich­e Freiheit.« Dominik Peter, BBV-Chef

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