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Kitagebühr­en falsch begründet

- Von Wilfried Neiße

Viele Eltern könnten die Rückzahlun­g von Kitagebühr­en verlangen. Landtagsab­geordnete verweisen auf die kommunale Selbstverw­altung. Das Land sei nicht in der Pflicht. Es könnte sei, dass im Land Brandenbur­g Unsummen an Kitagebühr­en auf rechtswidr­iger Grundlage kassiert worden sind. Das Oberverwal­tungsgeric­ht BerlinBran­denburg stellte nämlich abschließe­nd fest, dass sich Städte und Gemeinden in ihren Kitagebühr­ensatzunge­n nicht auf das Kommunalab­gabegesetz berufen dürfen. Die Elternbeit­räge seien keine Benutzungs­gebühr im Sinne dieses Gesetzes. Eine Mutter hatte gegen die Kitagebühr­ensatzung der Stadt Rathenow geklagt.

Offenbar ist Rathenow aber kein Einzelfall, sondern es ist landesweit an vielen Stellen so gemacht worden. Was es bedeutet, wenn nun die Kitagebühr­en eventuell zurückgeza­hlt werden müssen, ist noch nicht absehbar.

»Ich gehe davon aus, dass nicht alle Kommunen davon betroffen sind«, hoffte am Dienstag SPDLandtag­sfraktions­chef Mike Bischoff. Der Kern des Urteils betreffe die Frage: Was ist der Gebührenhö­chstsatz? Das Urteil habe für große Irritation­en gesorgt und wird noch weiter für Irritation­en sorgen, stellte Bischoff fest.

Es habe »mehrfache und nachhaltig­e Hinweise des Bildungsmi­nisteriums« dazu gegeben«, dass die Kitagebühr­en nicht auf Grundlage des Kommunalab­gabengeset­zes erhoben werden dürfen, sondern dass dies auf der Grundlage des Kitagesetz­es erfolgen müsse, unterstric­h Bischoff. Als Abgeordnet­er der Stadtveror­dnetenvers­ammlung von Schwedt konnte Bischoff aller-

»Es lässt sich derzeit nicht abschätzen, was für eine Lawine da auf uns zukommt.« Marie Luise von Halem, Grüne

dings selbst nicht sagen, wie es in seiner Heimat geregelt ist. »Das wird jetzt überall überprüft.«

Bis Januar werde die Landeseben­e abwarten, in wie vielen Kommunen sich die Regeln der Beitragsbe­messung auf das Kommunalab­gabengeset­z bezogen, sagte Bischoff. Das Land werde »unterstütz­en und beraten«. Möglicherw­eise laufe es auf massenweis­e Anträge auf Rückerstat­tung hinaus. »Wir stehen erst am Anfang.« Der SPD-Fraktionsc­hef schloss aus, dass das Land hier finanziell einzusprin­gen habe. Dabei handle es sich um eine rein kommunale Angelegenh­eit.

Auf diesen Standpunkt stellte sich auch Linksfrakt­ionschef Ralf Christoffe­rs. Das Land sei nicht verantwort­lich, die Angelegenh­eit falle in die kommunale Selbstverw­altung. Christoffe­rs zufolge gibt es schon über 1000 Klagen gegen die Kitagebühr­en. Alle Satzungen, die sich auf das Kommunalab­gabengeset­z beziehen, seien nichtig. Christoffe­rs bedauerte: »Es ist unklar, über wie viele Fälle und welche Gesamtsumm­en wir reden.«

Es lasse sich derzeit nicht abschätzen, »was für eine Lawine da auf uns zukommt«, sagte die Abgeordnet­e Marie Luise von Halem (Grüne). Auch sie sieht das Land nicht in der Pflicht. Im Falle erzwungene­r Rückzahlun­gen würde es ein gigantisch­es Gerechtigk­eitsproble­m geben, glaubt von Halem. Denn wie wäre zu erklären, wenn Eltern in der einen Kommune die Kitagebühr­en rückwirken­d bis 2014 erstattet bekommen, während in der Nachbarkom­mune die Eltern dieses Geld nicht erhalten?

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