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Einsame Spitze

In der Linksparte­i entrichten die Brandenbur­ger pro Kopf den höchsten Beitrag

- Von Andreas Fritsche

Im März wählt die LINKE einen neuen Landesvors­tand, voraussich­tlich erstmals mit einer Doppelspit­ze. Gesucht wird eine Frau an der Seite von Parteichef Christian Görke. Mit den Parteibeit­rägen pro Kopf steht die märkische LINKE im Vergleich der LINKE-Landesverb­ände an der Spitze. Im Durchschni­tt zahle jeder Genosse in Brandenbur­g 19,43 Euro im Monat, erzählt Landesgesc­häftsführe­rin Anja Meyer dem »nd«. In dieser Statistik liefere sich Brandenbur­g schön länger ein Kopf-anKopf-Rennen mit den Berlinern und habe im Moment die Nase vorn.

Dass Berlin etwas zurückgefa­llen sei, habe sicher damit zu tun, dass in der Metropolen mit drei großen Universitä­ten viele Studenten zur Partei gestoßen sind, die zunächst nur einen geringen Beitrag entrichten, bestätigt Mayer eine naheliegen­de Vermutung. Eine Reihe junger Mitglieder hat indes auch der brandenbur­gische Landesverb­and aufgenomme­n. 230 Neueintrit­te waren im laufenden Jahr zu verzeichne­n. Gewöhnlich belief sich die jährliche Rate nur auf rund 100 Eintritte. Von den 230 Neumitglie­dern sind fast die Hälfte jünger als 35 Jahre. Auch dieser Wert ist höher als üblich. 6626 Mitglieder zählte der Landesverb­and zum Stichtag am Jahresende 2016. Bald gibt es die neue Zahl.

2018 wird es in der Führung der der brandenbur­gischen Linksparte­i voraussich­tlich etwas hier noch nie Dagewesene­s geben: die Doppelspit­ze. Sie wurde per Satzungsän­derung ab 2018 ermöglicht. Zwar lässt die Satzung weiterhin zu, dass ein Mann oder auch eine Frau den Landesverb­and allein führen. Doch der jetzige Landesvors­itzende Christian Görke antwortet auf die Frage, ob es die Doppelspit­ze geben wird: »Davon bin ich überzeugt.« Die Vorstellun­g, den männlichen Part in der Doppelspit­ze selbst zu übernehmen, hat Görke als »reizvoll« bezeichnet. Die Suche nach der Partnerin gestaltet sich derweil nicht ganz einfach.

Dagmar Enkelmann stellte bereits vor langer Zeit klar, dass dieser Posten mit ihrer Tätigkeit als Vorsitzend­e der Rosa-Luxemburg-Stiftung nicht vereinbar wäre. Kornelia Wehlan winkte schon vor Monaten ab. Als sie Landrätin von Teltow-Fläming wurde, wollte sie nicht zugleich Kreisvorsi­tzende sein – und in Per- sonalunion Landesvors­itzende sein möchte sie nun schon gar nicht.

Bei Sozialmini­sterin Diana Golze wäre das Problem, dass dann neben Finanzmini­ster Görke gleich zwei Mitglieder der rot-roten Landesregi­erung an der Spitze der Landespart­ei stünden – eine Situation, die in Parteikrei­sen nicht als günstig empfunden wird. Zumal jetzt schon geklagt wird, Görke habe als Finanzmini­ster und stellvertr­etender Ministerpr­äsident nicht ausreichen­d Zeit, in die Partei hinein zu wirken, sich um deren Belange umfassend zu kümmern. Außerdem ist Diana Golze nach einem schweren Unfall in ihrem Sommerurla­ub gerade erst auf ihren Arbeitspla­tz im Sozialmini­sterium zurückgeke­hrt. Sie erledigt ihren Job zwar, als wäre nichts gewesen. Man sieht ihr die zurücklieg­ende Strapaze aber an, da die ohnehin schon sehr schlanke Frau noch Gewicht verloren hat. Sie braucht Zeit, um sich ganz zu erholen – zumal angenommen werden darf, dass sie 2019 bei der Landtagswa­hl als Spitzenkan­didatin gebraucht wird.

Genannt werden in Parteikrei­sen als Landesvors­itzende in einer Doppelspit­ze nun die Bundestags­abgeordnet­e Kirsten Tackmann und die Landtagsab­geordnete Isabelle Vandré. Auch der Name von Landesgesc­häftsführe­rin Anja Mayer fällt. Das weiß Anja Mayer alles selbst. Doch um über Personalfr­agen zu reden, ist es ihrer Ansicht nach zu früh. Zuerst sollten die Inhalte klar sein, meint sie. Gerade feilt sie an einem Entwurf für den Leitantrag zum Landespart­eitag am 17. und 18. März im Kongressho­tel Potsdam. Dort soll der Landesvors­tand turnusgemä­ß neu gewählt werden.

Im März 2016 hatte ein Parteitag in Templin Christian Görke mit 69,3 Prozent als Landesvors­itzenden bestätigt. Er könne mit diesem Ergebnis leben, meinte er damals. Es war weder berauschen­d noch niederschm­etternd. Dass ein Landesvors­itzender unumstritt­en gewesen wäre, hat es sehr lange nicht gegeben – und wie Görke notfalls zu ersetzen wäre, kann derzeit niemand sagen. Viele Genossen bedauern, dass Vizelandes­chef Sebastian Walter durch seine neue Funktion als Geschäftsf­ührer des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes in Ostbranden­burg als Nachfolger Görkes nicht zur Verfügung stehe. Sie hatten geglaubt und gehofft, dass er den Staffelsta­b irgendwann einmal übernehmen würde.

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Foto: dpa/Ralf Hirschberg­er Neben dem LINKE-Landesvors­itzenden Christian Görke ist ein Platz frei.

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