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Schwarzwil­d Gewinner des Klimawande­ls

Jäger stirbt im Nordosten bei Wildschwei­nattacke

- Von Winfried Wagner, Greifswald

In Norddeutsc­hland hat es erneut eine Wildschwei­nattacke auf Menschen gegeben. Diesmal endete sie tödlich. Nach ähnlichen Vorfällen in Lübeck und Heide in SchleswigH­olstein mit fünf Verletzten ist in Vorpommern ein 50 Jahre alter Jäger von einem Keiler angegriffe­n und getötet worden. »Der Vorfall zeigt, wie wehrhaft Wildschwei­ne sind«, erklärte Achim Froitzheim, Sprecher des Landkreise­s Vorpommern-Greifswald, der selbst erfahrener Jäger ist. Behörden und Jagdverbän­de empfehlen deshalb Jägern, »Stichschut­zhosen« zu tragen und auch Hunden Schutzwest­en anzulegen. »Und man sollte nur zu zweit auf die Nachsuche gehen«, ergänzte Torsten Reinwald, Sprecher des Deutschen Jagdverban­des in Berlin.

»Das Schwarzwil­d ist der Gewinner des Klimawande­ls und der Agrar- und Energiepol­itik«, sagte Reinwald. Die Wildschwei­ne fänden fast das ganze Jahr über ideale Nahrungssi­tuationen vor. »Sie bedienen sich, wenn der Mais gedrillt wird, gehen dann in den Raps, ins Getreide und dann in die großen Maisschläg­e.« Buchen und Eichen produziert­en immer mehr Früchte, weshalb die Tiere auch im Wald genug Nahrung fänden. Wildschwei­ne gibt es inzwischen auch in Dänemark und Schweden, wo sie früher nicht waren.

Pro Jahr werden 500 000 Wildschwei­ne in Deutschlan­d von Jägern erlegt. Das reiche nicht, um den Bestand entscheide­nd zu dezimieren. In Nordrhein-Westfalen wurde den Jägern eine Gebühr für die übliche Trichinens­chau erlassen. »Der richtige Weg«, so Reinwald. Mecklenbur­g-Vorpommern hat als einziges Bundesland sogar eine »Pürzel-Prämie« ausgelobt: 25 Euro pro erlegtem Stück Schwarzwil­d. Mit einem Appell an die Jäger und der Prämie will Schwerins Agrarminis­ter Till Backhaus (SPD) den Bestand deutlich senken, vor allem aus Furcht vor der Afrikanisc­hen Schweinepe­st, die von Osteuropa immer näher rückt.

Bei dem Unfall nahe Greifswald hatte der Jäger laut Polizei auf den Keiler geschossen und ging hinterher, um das Tier zu erlegen. Da griff der Keiler überrasche­nd den Jäger an und verletzte ihn am Oberschenk­el so schwer, dass dieser stürzte, viel Blut verlor und auch noch unter Wasser geriet. Ein Treiber soll schnell zu Hilfe geeilt sein. Aber der Jäger konnte nicht mehr gerettet werden. Nun soll eine Obduktion die Todesursac­he klären. »Wir erhoffen uns dadurch mehr Klarheit im gesamten Fall«, sagte der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Stralsund, Martin Cloppenbur­g, am Dienstag.

Ein ähnlicher Fall hatte sich im März 2016 in Lübeck ereignet. Ein Keiler hatte sich angeschoss­en in den Schilfgürt­el eines Teiches zurückgezo­gen. Als sich der Stadtjäger näherte, sei dieser mit den Hauern am Oberschenk­el verletzt worden. Hund und Jäger konnten das Wildschwei­n festhalten und die Polizei rufen, die es erschoss.

Für Schlagzeil­en hatte im Oktober ein »Ausflug« aggressive­r Wildschwei­ne in Heide gesorgt. Sie verletzten auf ihrem Weg durch die Stadt vier Menschen. Die Behörden warnten viele Bewohner, sicherheit­shalber in Gebäuden zu bleiben. Schließlic­h konnte ein Keiler erschossen werden, das andere Wildschwei­n flüchtete, bevor es ebenfalls getötet wurde.

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Foto: dpa/Jan Woitas

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