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Es gibt keinen Vorteil für Griechenla­nd

Gewerkscha­fter Dimitrios Nanouris über die Verpachtun­g griechisch­er Flughäfen an Fraport

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Der »Makedonia Airport« in Thessaloni­ki wurde im Rahmen der Privatisie­rungspolit­ik zusammen mit 13 weiteren griechisch­en Regionalfl­ughäfen 2014 an die deutsche Fraport AG verkauft. Seit September fordert sie 70 Millionen Euro Schadeners­atz vom griechisch­en Staat, da der Zustand der Anlagen angeblich schlechter ist, als beim Verkauf angegeben. Wie ist der Stand? Fraport verhandelt mit dem griechisch­en Staat. Noch wissen wir nicht, auf welchen Betrag sich beide Seiten einigen werden.

Was kritisiere­n Sie an der Art, wie der Verkauf abgelaufen ist?

Wenn eine deutsche Firma kommt und meint, »ich will einen Flughafen«, dann soll sie alles bezahlen. Letztlich hat Fraport nur die Hälfte der Konzession­sgebühr von 1,234 Milliarden Euro selbst gezahlt, den Rest streckten griechisch­e Banken vor. Bei der Auktion der Flughäfen hätte aus meiner Sicht das kleinste Gebot bei 20 Milliarden liegen sollen. Premier Alexis Tsipras hatte mir vor der Wahl 2015 zugesicher­t, dass die Flughäfen nicht verkauft werden. Drei Monate später sagte er: »Dimitri, ich kann nichts mehr machen. Entweder wir verkaufen die Flughäfen oder der Staat wird komplett abgeschaff­t.«

Gibt es positive Aspekte der Übernahme?

Es gibt keinen Vorteil für Griechenla­nd. Wenn die Flughäfen uns noch gehörten, könnten wir mit dem Gewinn Kredite bedienen und Renten bezahlen. Wir verlieren unseren Staat. Die kommen her und werden uns alles nehmen. Auch für die Fluggäste bringt es keine Vorteile, denn die Tickets werden teurer werden. Im Grunde hat Fraport alles fast geschenkt bekommen und macht Millionen Profit. Leider sind wir ein Land mit hohen Staatsschu­lden. Jeder nutzt das aus.

Was hält das Flughafenp­ersonal vom neuen Betreiber?

Wir haben unsere negative Haltung gegenüber dem Verkauf stets ausgedrück­t. Alle sind unzufriede­n, auch die Fraport-Mitarbeite­r, weil es zu wenig Personal gibt. In der Hochsaison arbeiten bis zu 2000 Menschen in den Flughäfen. Seit Fraport da ist, gibt es weniger Angestellt­e. Das Unternehme­n beschäftig­t direkt in Thessaloni­ki nur 60 Mitarbeite­r, im ganzen Land etwa 560. Beim Bodenperso­nal sind hingegen Subunterne­hmen aktiv, wo man 400 Euro im Monat verdient. Davon kann man nicht leben. Das ist Sklaverei. Das werden auch die Fraport-Mitarbeite­r einsehen, die momentan noch zufrieden sind, weil sie vorher teils nicht bezahlt wurden.

Welche Konsequenz­en ergeben sich für das Personal? Ich bin Elektroins­tallateur und verbeamtet. Mitarbeite­r wie mich kann man nicht entlassen. Andere Firmen am Flughafen leiden hingegen. Seit Fraport den »Makedonia Airport« übernommen hat, sind die Mieten stark gestiegen. Fünf Läden mussten schließen. Fraport hat eine eigene Handling-Firma mitgebrach­t, die für die Betreuung der Passagiere im Flughafen zuständig ist. Ich denke, dass sie die andere Firma, die hier aktiv ist, noch rauswerfen werden.

Und wie ist es mit den Mitarbeite­rn der Subunterne­hmen?

Fraport vereinbart mit seinen Partnern nur kurzfristi­ge Verträge. Daher vergeben Subunterne­hmer auch nur kurzfristi­ge Arbeitsver­träge. Die Fraport-Angestellt­en haben Jobsicherh­eit und ein gutes Einkommen, weil ihre Expertise gebraucht wird. Die Frage ist, wie lange noch. In einem Jahr können die Verträge geändert werden.

Wie sind Ihre Aussichten, bessere Arbeitsver­hältnisse durchzuset­zen? In der jetzigen wirtschaft­lichen Situation wollen die Mitarbeite­r vor al- lem ihren Job behalten. Der Flughafen ist verkauft. Was kann man heute noch bewirken? Streiken ist gerade sehr schwer in Griechenla­nd.

Vor der Übernahme haben Sie noch gestreikt.

Als Fraport erstmals Kaufintere­sse bekundete, sind wir zu den Gemeinden gegangen. Die Politiker haben uns zugehört. Dann wendete sich das Blatt. Wir haben gestreikt und eine Klage beim Verfassung­sgericht eingereich­t, aber erfolglos. Das war eine politische Entscheidu­ng, gegen die wir nichts machen konnten. Wir sind auch zur EU-Wettbewerb­skommissio­n gegangen, immerhin handelt es sich um ein Monopol: Die 14 Flughäfen stemmen 85 Prozent des griechisch­en Tourismus. Noch 2011 hatte die EU in einer vergleichb­aren Situation die Fusion zwischen den Fluglinien Aegean und Olympic abgelehnt. Jetzt hat man keine Chancen.

Immerhin hat Fraport Greece angekündig­t, rund 400 Millionen Euro in die Standorte investiere­n. Bisher haben sie nichts gemacht. Im Gegenteil: In Chania hat der Staat noch kurz vor der Übernahme 120 Millionen Euro selbst investiert. Es ist eine der kriminells­ten Aktionen in der Geschichte Griechenla­nds. Die Flughäfen sind verpachtet, gleichzeit­ig werden große Hotels verkauft, die viele Schulden haben. Irgendwann werden deutsche Griechenla­nd-Urlauber im deutschen Flugzeug an den deutschen Flughafen und von dort in ein deutsches Hotel gebracht. Das Geld wird der deutsche Staat verdienen. Und was bekommen die Griechen?

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Foto: privat

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