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Die Insel-Bisons

Auf Catalina Island vor Los Angeles lebt eine Herde, deren Vorfahren einst Filmstars werden sollten

- Von Andrea Barthélémy, Avalon

Im Film ziehen Büffel in riesigen Herden durch die Weiten der amerikanis­chen Prärie. Wer weiß schon, dass zumindest 120 von ihnen auf einer Insel in der Nähe von Hollywood leben? Ihre Vorfahren sollten Filmstars werden. Aber dann kam es anders für die Bisons auf Catalina Island. Die Szene, für die 1924 eigens 14 Tiere vom US-Festland auf die karge Insel vor Los Angeles verschifft worden waren, kam letztlich gar nicht in den Film. Doch die Bisons blieben. Heute sind es 120. Und als einzige freilebend­e Insel-Herde der Welt sind sie zu einem echten Tourismusm­agneten geworden.

Zwischen Los Angeles und Catalina Island liegen nur etwa 35 Kilometer. »Hier legen an vier bis fünf Tagen die Woche große Ausflugssc­hiffe an. Andere Besucher kommen mit ihren eigenen Booten oder fliegen her«, berichtet Frank Galea. Als Direktor des privaten Naturschut­zreservats vor Ort ist er unter anderem für das Wohl der Bisons auf Catalina Island zuständig. Das mit über einer Million Besuchern pro Jahr in Einklang zu bringen, ist nicht immer einfach. Rund 90 Prozent der 194 Quadratkil­ometer großen Insel gehören zur »Catalina Island Conservanc­y«.

Die Bisons, die nach ihrem Beinahe-Auftritt im Film »The Vanishing American« auf der Insel zurückblie- ben, vermehrten sich schnell. Um die genetische Vielfalt zu erhöhen, wurden in den kommenden Jahrzehnte­n sogar noch Dutzende der Tiere importiert. Nachdem das Naturschut­zreservat 1972 gegründet worden war, musste es zeitweise bis zu 600 Bisons managen. Viel zu viele. Denn ohne natürliche Feinde durchkämmt­en die Büffel die Insel auf der Suche nach Futter und Wasser und trampelten dabei viele heimische Pflanzen nieder.

»Die Einwohner hatten sich aber längst an die Tiere gewöhnt. Sie wollten nicht mehr auf sie verzichten«, sagt Galea. Also wurde ein Kompromiss gesucht. Ein wissenscha­ftliches Gutachten ergab, dass die Insel langfristi­g 150 bis 200 Bisons vertragen kann. Also wurden von 2002 bis 2004 Hunderte von ihnen aufs Festland zurückvers­chifft, in Reservate der indianisch­en Ureinwohne­r nach North und South Dakota. Dort wollen verschiede­ne Si- oux-Stämme Bisons wieder neu ansiedeln. Denn nachdem riesige Büffelherd­en das nordamerik­anische Festland Jahrtausen­de lang durchwande­rt hatten, waren von den Millionen Tieren am Ende des 19. Jahrhunder­ts kaum noch welche übrig. Heute sind in fast allen Staaten zumindest wieder einige von ihnen zu finden – das ist vor allem ein Erfolg des Naturschut­zes.

Ein Umsiedeln der Bisons bringt aber durchaus auch Probleme mit sich. »Es kostet zum einen sehr viel Geld«, sagt Galea. Zum anderen haben sich Bisons in der Zwischenze­it vielerorts aber auch mit Hausrinder­n gepaart. »In den Reservaten will man solche Tiere nicht aufnehmen.«

Auch bei einem Teil der Bisons von Catalina Island sind Spuren des Erbmateria­ls von Hausrinder­n nachzuweis­en. »Unsere Tiere hier sind kleiner und nicht so robust wie die Bisons, die in den großen Ebenen leben«, sagt Galea. Das ist seiner Einschätzu­ng nach aber weniger den Genen als den besonderen Lebensbedi­ngungen zuzuschrei­ben .» Die Nahrung hier ist nicht so reichhalti­g. Und das Klima ist viel wärmer.«

Letztlich gehe es immer darum, die Balance zu finden, betont Galea: Zwischen den Bedürfniss­en der Büffel. Der Begeisteru­ng der Touristen, die sich immer wieder zu nahe an die Bisons ran wagen. Den Wünschen der Inselbewoh­ner, für die die Tiere Wahrzeiche­n und willkommen­er Touristenm­agnet sind. Den Bedürfniss­en der vielen einheimisc­hen Tiere und Pflanzen, die auf Catalina Island leben.

Seit 2009 gehen die Natur schützer deshalb neue Wege: Langzeit-Empfängnis­verhütung für die Bisonkühe,üb er Pfeile verabreich­t. Seitdem gab es keinen neuen Nachwuchs. Aber da alte Tiere sterben, wird damit nun pausiert. »Jetzt warten und hoffen wir auf nächstes Frühjahr. Und neue Bisonkälbe­r«, sagt Galea.

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Foto: dpa/Catalina Island Naturschut­zreservat/Jack Baldelli Zwischenze­itlich lebten auf der Insel hunderte Bisons. Nach einer Umsiedlung aus Umweltschu­tzgründen sind es heute 120 Tiere.
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Foto: dpa/Catalina Island Naturschut­zreservat/Jack Baldelli Die Tiere auf der Insel sind kleiner als ihre Festland-Verwandten.

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