INSURREKTIONALISMUS
Lexikon der Bewegungssprache
Weitere Beiträge aus dieser Serie unter dasND.de/apo Bilder von brennenden Mülltonnen, entglaste Ladenzeilen, umgestoßene Autos, Schlachten mit der Polizei. Die Riots zu Beginn des 21. Jahrhunderts werden oft als unpolitisch kritisiert, doch der Eindruck täuscht. So spielt der Insurrektionalismus, zwar keine zentrale, doch in anarchistisch geprägten Zusammenhängen Italiens, Frankreichs, Deutschlands oder der USA eine immer wichtigere Rolle. Für viele ist das 2006 vom Unsichtbaren Komitee veröffentlichte und international breit rezipierte Manifest »Der kommende Aufstand« ist ein zentraler Text des Insurrektionalismus, dessen konzeptionelle Wurzeln in der Zeit nach der Zerschlagung der Pariser Kommune zu suchen sind. Bei diesem »ismus« geht es nicht darum, politische Forderungen zu formulieren und für ihre Durchsetzung zu kämpfen. Vielmehr wird der permanente Aufstand geprobt. Das heißt, aus der Reihe treten, den Klassenkampf aufnehmen und Nägel ins Getriebe der kapitalistischen Verwertungsmaschinerie werfen. Der Aufstand, die Insurrektion, der Riot, lässt sich nicht integrieren. Wohin dieses Konzept, das weniger Theorie als unmittelbare Praxis auf der Straße ist, führen soll, ist unklar. Sicher ist aber eines: Mit einiger Regelmäßigkeit führen die Aufstände zu kontroversen Debatten innerhalb der Bewegungslinken über die Sinnfälligkeit von Militanz und deren politischen Gehalt.