Hartz IV: »Kinderwohngeld« gilt als Einkommen
Hartz-IV-Urteile im Überblick
Eigentlich steht Hartz-IV-Beziehern kein Wohngeld zu. Doch es gibt die Ausnahme des »Kinderwohngeldes«. Das zu beziehen, ist nicht grundsätzlich ein Vorteil, denn bei Hartz IV wird es als Einkommen angerechnet.
Das geht aus einem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam vom 23. Oktober 2017 (Az. L 20 AS 1182/15) hervor.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Hartz-IV-Bezieher von Wohngeldzahlungen ausgeschlossen. Sie können aber dennoch für ihr Kind »Kinderwohngeld« erhalten. Das Geld wird dann gezahlt, wenn das Kind weitere Einkünfte wie Unterhalt und Kindergeld hat und diese so hoch sind, dass es zusammen mit dem gezahlten Wohngeld nicht mehr auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen ist. Das Kinderwohngeld wird dabei anteilig nach den im Haushalt lebenden Personen berechnet.
Im entschiedenen Fall hatte eine alleinerziehende Hartz-IVBezieherin aus dem Raum Cottbus geklagt, die zusammen mit ihrem minderjährigen Sohn in einer 59 Quadratmeter großen Wohnung lebte. Sie verlangte höhere Arbeitslosengeld-IILeistungen. Das Jobcenter hatte die Gesamtmiete direkt an den Vermieter gezahlt.
Bei der Hartz-IV-Berechnung hatte die Behörde der Mutter nicht nur ihre Einkünfte aus einem Minijob mindernd angerechnet, sondern auch die 168 Euro vom Kindergeld des Sohnes. Grund: Der Sohn habe so hohe eigene Einkünfte, dass dessen Lebensunterhalt mehr als gedeckt war. Denn er hatte Unterhalt von seinem getrennt lebenden Vaters und auch »Kinderwohngeld« erhalten, das die Mutter für ihren Sohn bekommen hatte wie auch das Kindergeld. Weil der Sohn mehr erhielt als er tatsächlich brauchte, müsse die Mutter sich daher den überschüssigen Teil des Kindergeldes als Einkommen zurechnen lassen.
Das hielt die Mutter für rechtswidrig. Das Kindergeld sei Einkommen des Kindes und dürfe auch nicht teilweise bei ihr als Einkommen berücksichtigt werden. Ihr stünden daher höhere Hartz-IV-Leistungen zu. Dagegen sei das Kinderwohngeld nicht als Einkommen bei ihrem Sohn anzurechnen. Denn der Wohngeldanspruch knüpfe an ihre Rechtsstellung als Mieterin an. Da sie Mieterin der Wohnung sei, könne ihr Sohn das Kinderwohngeld auch nicht selbst beanspruchen. Daher sei es auch nicht als sein Einkommen zu werten.
Ohne die Anrechnung des Kinderwohngeldes, wäre der Bedarf des Sohnes auch nicht ausreichend gedeckt gewesen. Folge davon sei, dass dann das Kindergeld voll zur Deckung des Bedarfs des Sohnes verwendet werden müsse. Eine Anrechnung des Kindergeldes als ihr Einkommen sei daher nicht möglich, so die Mutter.
Ihre Klage auf höhere HartzIV-Leistungen scheiterte vor dem LSG. Das Jobcenter habe das Kindergeld korrekt teilweise als Einkommen der Mutter und das Kinderwohngeld dem Kind als Einkommen zugesprochen.
Grundsätzlich sei zwar das Kindergeld als Einkommen des Kindes und nicht das der Eltern zu werten, aber nur soweit es für die Deckung des Kindesbedarfs ausreicht. Hier sei der Bedarf des Kindes mehr als gedeckt gewesen. In diesem Fall müsse der Teil des Kindergeldes, der nicht für den Bedarf des Kindes eingesetzt wird, der Mutter als Einkommen angerechnet werden (also 168 Euro).
Auch die Anrechnung des Kinderwohngeldes als Einkommen des Kindes sei nicht zu beanstanden. Nach den gesetzlichen Bestimmungen seien Hartz-IV-Bezieher vom Anspruch auf Wohngeld ausgeschlossen. Erhalten sie jedoch Kinderwohngeld »für« ihr Kind, stelle dieses Einkommen des Kindes dar. Formal sei zwar die Mutter als Mieterin die Wohngeldberechtigte, tatsächlich müsse der Mietzuschuss aber nach Sinn und Zweck des Gesetzes dem Kind zugeordnet werden. epd/nd