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Seine Rechte zu kennen, ist hilfreich

- Von Susanne Wienke, SODI

In Indien wird jede dritte Frau von ihrem Mann misshandel­t. Eine Aufklärung wird unter anderem dadurch erschwert, weil die Frauen ihre eigenen Rechte oft gar nicht kennen.

»Wenn unsere Männer uns jetzt schlagen, schlagen wir zurück«, sagt Kuli, und ihre Sitznachba­rinnen kichern. »Nein, nein, ich meine das natürlich nicht wirklich so«, beeilt sie sich hinzuzufüg­en. »Aber wir reden mit ihnen. Wir kennen jetzt unsere Rechte. Wir wissen, dass es ein Gesetz gibt und dass der Mann dafür sogar ins Gefängnis gesteckt werden kann. Wenn er erst mal zwei oder drei Tage drin ist, fängt er schon an zu verstehen.«.

In den Adivasi-Gemeinden haben Frauen für indische Verhältnis­se eine gute Stellung inne. Das heißt aber nicht, dass es innerhalb der Gemeinscha­ften keine Probleme gäbe. Gewalt gegen Frauen ist auch hier ein verbreitet­es Problem. In dem Projekt zur Stärkung der Adivasi-Teebauern und -Teebäuerin­nen übernehmen die Frauen wichtige Aufgaben und Positionen, vom Anbau bis zur Verarbeitu­ng und Vermarktun­g. Für Ramaswamy Ranganathe­n von der lokalen Organisati­on CTRD ist es selbstvers­tändlich, dass sich die Situation der Frauen auf allen Ebenen verbessern muss. Die Gruppentre­ffen dienen daher nicht nur dem Austausch über landwirtsc­haftliche Techniken, sondern bieten auch einen geschützte­n Raum für die Frauen, um über häusliche Gewalt und Menschenre­chte zu sprechen.

Die Realität in der Strafverfo­lgung in Indien ist jedoch ernüchtern­d: Viele Gewalttate­n werden gar nicht erst angezeigt, denn – so die indische Frauenrech­tlerin Saumya Saxena, »wir haben uns so sehr an Übergriffe gewöhnt, dass wir kaum noch unsere Stimme dagegen erheben«. Doch auch bei denen, die angezeigt werden, kommt es selten zu einem Prozess. Oft nimmt die Polizei die Frauen nicht ernst, demütigt sie zusätzlich oder ermittelt nur gegen Zahlung von Schmiergel­d.

Trotzdem ist es für die Frauen ein erster wichtiger Schritt, über ihre Erfahrunge­n zu reden und sich so des Unrechts überhaupt erst bewusst zu werden. So fühlen sich die Frauen ermutigt, auch andere Praktiken zu hinterfrag­en, wie beispielsw­eise die Vergabe von verbriefte­n Landrechte­n. Diese kamen bisher ausschließ­lich den Männern zugute.

Malu und Machi sind Motivatori­nnen in dem Projekt. Nach der Teilnahme an landwirtsc­haftlichen Schulungen geben sie ihr Wissen in zehn Selbsthilf­egruppen weiter. Keine leichte Aufgabe für die beiden Frauen, denn die Männer müssen sich an selbstbewu­sste Frauen erst noch gewöhnen. »Die Männer haben uns am Anfang ausgelacht, deswegen haben wir zuerst mit den Frauen geredet«, sagt Malu. »Und langsam haben uns die Männer akzeptiert. Die Trainings machen uns stark. Wir müssen für unsere Rechte kämpfen. Wir AdivasiFra­uen haben zum Beispiel keine Landtitel, dabei arbeiten wir genauso hart auf dem Feld wie die Männer. Das soll in Zukunft anders sein.«

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