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Rentenkass­e fordert Reform

Versicheru­ng betont Grenzen der Finanzieru­ng durch Beiträge

- Von Florian Haenes

Grund zur Sorge boten die Zahlen auf den ersten Blick nicht. Zum sechsten Mal in Folge präsentier­te der Vorstandvo­rsitzende der Deutschen Rentenvers­icherung, Alexander Gunkel, einen ausgeglich­enen Haushalt. Trotzdem mahnte er vor der Bundesvert­reterversa­mmlung am Donnerstag an, die Parteien müssten in der Rentenpoli­tik eine längerfris­tige Perspektiv­e einnehmen. Demnach sollten die gute wirtschaft­liche Lage genutzt werden, um die gesetzlich­e Alterssich­erung demografie­fest weiterzuen­twickeln. Weil in den kommenden Jahren Beitragsza­hler der geburtenst­arken Jahrgänge das Rentenalte­r erreichen, erwartet Gunkel Belastunge­n für das umlagefina­nzierte Rentensyst­em.

Der CDU-Wirtschaft­srat nahm das Treffen der Rentenvers­icherung zum Anlass, abermals für die Erhöhung der Lebensarbe­itszeit zu werben. »Wir müssen den Leuten jetzt die Wahrheit sagen«, erklärte Verbandsge­neralsekre­tär Wolfgang Steiger. »Die Menschen müssen länger arbeiten als jetzt, sonst wird es nicht gehen«, sagte er mit Blick auf die gestiegene­n Rentenbezu­gsdauer.

Im Gegensatz zu weiten Teilen ihrer Partei hatte sich Kanzlerin Angela Merkel im Wahlkampf gegen die Erhöhung des Renteneint­rittsalter­s ausgesproc­hen. Seit dem Jahr 1916 lag das Renteneint­rittsalter bei 65 Jahren. 2010 beschlosse­n CDU und SPD die schrittwei­se Anhebung auf 67 Jahre. Eine weitere Anhebung schließt die SPD aber aus. Befürworte­r der Anhebung des Rentenalte­rs, etwa auf 70 Jahre, nehmen an, dass die Lasten der steigenden Lebenserwa­rtung von Erwerbstät­igen und Rentnern zu gleichen Teilen getragen werden müssen. Ex-Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) schlägt deshalb vor, die statistisc­he Lebenserwa­rtung in die Rentenform­el zu integriere­n, um das Verhältnis von Beitragsbi­ografie und Rentenbezu­gsdauer in Zukunft stabil zu halten.

Der ehemalige Wirtschaft­sweise Bert Rürup (SPD) insistiert in einem im September veröffentl­ichten Positionsp­apier hingegen, eine Rentenrefo­rm ergebe sich nicht von allein aus ökonomisch­er Notwendigk­eit – eine Binsenweis­heit, an die angesichts der CDU-Vorschläge aber erinnert werden muss: »Rentenpoli­tik ist stets Verteilung­spolitik«, schreibt Rürup. Nur im politische­n Streit sei letztlich zu beantworte­n, ob nicht auch Beiträge erhöht oder weitere Steuermitt­el ins Rentensyst­em einspeist werden könnten.

Die Position des CDU-Wirtschaft­srates in dieser Frage ist eindeutig. Der Rentenbeit­rag dürfe nicht erhöht werden, sagt Steiger. »Das würde alle überforder­n.« Als Reformopti­onen verblieben der Vorschlag, das Renteneint­rittsalter­s an die Lebenserwa­rtung zu koppeln, und das »freiwillig­e längere Arbeiten«.

Die Präsidenti­n der Rentenvers­icherung, Gundula Roßbach, bietet indes einer möglichen Expertenko­mmission ihre Expertise an. Nach CDU-Plänen soll eine Kommission bis Ende 2019 Reformplän­e zur Rente ausarbeite­n. Weil sie ihren Haushalt schützen will, betont die Rentenvers­icherung traditione­ll die Grenzen der Umlagefina­nzierung. Entspreche­nd appelliert­e Roßbach am Donnerstag, die Ausweitung der Mütterrent­e, wie sie von der CSU gefordert wird, müsse im Fall ihrer Umsetzung aus Steuermitt­eln finanziert werden. Auch für die diskutiert­e Mindestren­te müsste ihrer Ansicht nach der Bundeshaus­halt aufkommen. »Diese Ansprüche dürfen nicht von den Beitragsza­hlern finanziert werden«, erklärte Roßbach. SPD, Grüne und Linksparte­i befürworte­n die Mindestren­te. Hinter vorgehalte­ner Hand wird sie auch von der CDU nicht mehr kategorisc­h ausgeschlo­ssen.

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