Der Journalist als Freund und Helfer?
Polizei fordert G20-Bilder von Fotografen ein
Im Zuge ihrer Ermittlungen schließt die Hamburger Polizei die Beschlagnahmung von journalistischem Material nicht aus. Die Hamburger Polizei hat im Zuge ihrer G20-Ermittlungen zahlreiche Medien darum gebeten, ihr unveröffentlichtes Bildmaterial zur Verfügung zu stellen. Dies berichtete zuerst der NDR. Wie eine Anfrage der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft Mitte November ergab, wurden der Polizei auf diesem Wege bereits Daten im Umfang »einer mittleren dreistelligen Zahl von Gigabyte« zugeschickt. Der Hamburger Polizeipräsident Ralf Martin Meyer wies im Gespräch mit dem NDR darauf hin, dass er auch eine Beschlagnahmung nicht ausschließe, sollte die Polizei auf bestimmtes Material angewiesen sein.
Beschlagnahmungen bei Pressevertretern wurden im Zusammenhang mit Ermittlungen nach linksradikalen Protesten bereits durchgeführt. So wurde die Wohnung des Berliner Fotografen Po-Ming Cheung bereits zweimal durchsucht: Das erste Mal 2013 nach den M31-Protesten in Frankfurt am Main, das zweite Mal 2016 nach den Blockupy-Protesten. Cheungs Anwalt Friedrich Sauerbier erwirkte im ersten Fall, dass die Razzia als rechtswidrig eingestuft wurde. Unter anderem hätten die Beamten die Wohnung Cheungs bei der Razzia nicht fotografieren dürfen.
Nach der zweiten Durchsuchung lehnte das Gericht den Widerspruch jedoch ab, eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wurde nicht angenommen. Das Problem: Beschlagnahmungen sind bei Journalisten grundsätzlich verboten, im Einzelfall sind jedoch Ausnahmen möglich – je nach Verhältnismäßigkeit.
»Hierbei müssen im Groben zwei Fragen beachtet werden«, erklärte Sauerbier gegenüber »nd«: »Handelt es sich um einen hauptberuflichen Journalisten, für den grundsätzlich ein Beschlagnahmungsverbot gilt? Und: Aus welchem Tatverdacht wird ermittelt, um welche Freiheitsstrafe geht es, und gibt es einen dringenden Tatverdacht?« Um eine Beschlagnahmung zu rechtfertigen, müssen die Ermittlungen im Zusammenhang mit einem dringenden Tatverdacht erfolgen, der ein gewisses Maß an Freiheitsstrafe nach sich ziehen könnte – zum Beispiel bei Verdacht auf versuchten Totschlag, der Hintergrund der zweiten Razzia bei Cheung war. Selbst dann müssen jedoch weitere Fragen geklärt werden: Sind die potenziellen Beweise von großer Bedeutung? Und: Ist die Sicherstellung der gefundenen Daten für die Ermittlung wirklich erforderlich?
Po-Ming Cheung selbst reagierte besorgt auf die neuesten Äußerungen der Polizei. »Ich rechne immer mit Besuch der Polizei«, sagte der Journalist: »Alle Fotografen, die den Polizeibehörden schon einmal aufgefallen sind, sind jetzt nicht mehr sicher vor einer Razzia.«