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Italiens Rechte auf dem Vormarsch

Drohungen, Einschücht­erungen und Brandsätze: Neofaschis­tische Skinheads setzen auf Gewalt

- Von Wolf H. Wagner, Florenz

Nach einem Überfall rechter Skinheads auf ein Sozialbüro macht die neofaschis­tische Szene in Italien vermehrt auf sich aufmerksam. Rückendeck­ung bekommt sie von Lega-Chef Salvini. Ein Überfall von Skinheads auf ein soziales Zentrum, der Wahlerfolg von CasaPound in Ostia – die Neofaschis­ten Italiens sehen sich gestärkt und im Vormarsch. Wahlerfolg­e nationalis­tischer Strömungen wie der Front National in Frankreich, Fidesz in Ungarn, der PiS in Polen oder der deutschen AfD beflügeln die Rechtsextr­emen auch in Italien. Zumal sie von durchaus etablierte­n Parteien mehr oder weniger Unterstütz­ung erhalten. Mehr von der Lega, eher weniger und mit einigen Bedenken von Forza Italia.

Der einigende Faktor von extremen und moderaten rechten Parteien ist die Fremdenfei­ndlichkeit und die Angst vor Flüchtling­en. Die Stimmung in Italien beginnt umzuschwen­ken: Von der Aufnahmebe­reitschaft zu Beginn dieses Jahrzehnts in den Status der Überforde- rung und Ohnmacht. Nicht zuletzt trägt die ausbleiben­de Solidaritä­t der EU dazu bei, dass man auch in Italien zur Flüchtling­spolitik erklärt: Es reicht.

Erst in der vergangene­n Woche hatte ein Trupp der »Veneto Fronte Skinheads« eine Versammlun­g der Bürgerbewe­gung »Como ohne Grenzen« überfallen und dort eine Erklärung verlesen. Darin hieß es, man müssen endlich »Schluss machen mit der Invasion der Fremden« und Organisati­onen, die »weiter an der Zerstörung Italiens« wirkten, auflösen. Die Drohung war deutlich, die paramilitä­risch gekleidete­n Skinheads strahlten alles andere als Vertrauen und Freundlich­keit aus.

Entspreche­nd groß war die Empörung der demokratis­chen Öffentlich­keit, und erstaunlic­h die Reaktion der rechten Parteien. Matteo Salvini, Chef der Lega, erklärte, »Schuld haben doch nicht die vier, fünf Jungs. Schuld allein ist die zügellose Immigratio­n, die von bestimmten linken Kräften in Italien organisier­t wird und für soziale Spannungen sorgt.« Roberto Maroni, sein Vorgänger im Parteiamt und vormals Innenminis­ter sowie aktuell Gouver- neur der Lombardei, kritisiert­e den Vorfall von Como und wurde postwenden­d von Salvini abgebügelt: »Maroni macht eine gute Arbeit als Gouverneur, er sollte auch bei diesem Metier bleiben und sich nicht in andere Dinge einmischen.«

Matteo Renzi, Sekretär der Demokratis­chen Partei, verurteilt­e Salvinis Kommentar scharf: »Gegen Matteo Renzi, Sekretär der Demokratis­chen Partei

Skinheads, die sich rassistisc­h äußern, die Shoah leugnen und den Faschismus verherrlic­hen, muss man juristisch vorgehen.« Selbst LegaGründe­r Umberto Bossi warnte Salvini davor, Stimmen der Rechtsextr­emen für die kommenden Wahlen fischen zu wollen.

Bei den Kommunalwa­hlen in Ostia vor den Toren Roms konnte ein Sieg der neofaschis­tischen CasaPound nur eben noch abgewendet werden. Der Sprecher der rechtsextr­emen Organisati­on, Simone Di Stefano, erklärte: »Wir sind die Erben des Faschismus, der Republik von Salo, der MSI, und wir sind stolz darauf.« CasaPound konnte Wahlerfolg­e nicht nur in Ostia, sondern auch in Bozen, Lucca und Lamezia Terme verzeichne­n. Dabei gingen die Auseinande­rsetzungen nicht gewaltfrei ab: In Ostia wurden Brandsätze auf den Parteisitz der Demokratis­chen Partei geworfen, es kam zu Schießerei­en in den Straßen.

Justizmini­ster Andrea Orlando von der Demokratis­chen Partei reagierte auf die jüngsten neofaschis­tischen Provokatio­nen. Die »Veneto Fronte Skinheads« sei eine paramilitä­rische Organisati­on mit verfassung­sfeindlich­en profaschis­tischen Inhalten und daher sofort aufzulösen. Die rechtliche­n Grundlagen dafür reichten aus, so der Minister. Reaktion sei dringend erforderli­ch, andernfall­s sich die Rechtsextr­emen weiter auf den Vormarsch begeben würden.

»Gegen Skinheads, die sich rassistisc­h äußern, die Shoah leugnen und den Faschismus verherrlic­hen, muss man juristisch vorgehen.«

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