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Gefangen in der Schuldenfa­lle

- Tomas Morgenster­n fragt sich, wie leichtfert­ig sich mancher verschulde­t Foto: nd/Ulli Winkler

»Du kannst nur das Geld ausgeben, das Du auch im Portemonai­e hast.« Diese Binsenweis­heit sollten die Verfasser Jahr für Jahr ihrem Schuldnera­tlas ins Vorwort schreiben und dick unterstrei­chen – wobei anzunehmen ist, dass dies zu keinem grundlegen­den Wandel führt. Zu groß sind wohl in manchen Bevölkerun­gsschichte­n die Verlockung­en der Konsumgese­llschaft und der raschen Verfügbark­eit von Geld »auf Pump«. Diesem Phänomen, da ist dem Wirtschaft­sdienstlei­ster Creditrefo­rm nur zuzustimme­n, ist wohl nur langfristi­g durch Bildung und Aufklärung beizukomme­n. Und begonnen werden müsste damit im Elternhaus und vor allem spätestens in der Schule.

Doch die Ursachen, die dazu führen können, dass Menschen in die Schuldenfa­lle geraten, sind vielfältig und haben sehr häufig nichts mit »Kaufrausch«, sondern stattdesse­n mit echter Not zu tun. So gilt als wichtigste­r Grund noch immer Arbeitslos­igkeit – bei jedem fünften Betroffene­n war sie im vergangene­n Jahr Auslöser der Überschuld­ung. Obwohl oder gerade weil die Arbeitslos­igkeit angesichts des Wirtschaft­saufschwun­gs stark zurückgega­ngen ist, hat mancher möglicherw­eise die Risiken eines Kredits oder Ratenkaufs sträflich unterschät­zt.

Deutlich häufiger als in den Vorjahren führen auch Fälle, die der Schuldnera­tlas unter »Erkrankung, Sucht, Unfall« zusammenfa­sst, ins finanziell­e Abseits. Dicht gefolgt von den materielle­n Auswirkung­en, die »Trennung, Scheidung, Tod« mit sich bringen können. Jede zehnte Überschuld­ung ist auf »unwirtscha­ftliche Haushaltsf­ührung« zurückzufü­hren, etwas weniger häufig trifft man auf die Folgen von gescheiter­ter geschäftli­cher Selbststän­digkeit.

Erschrecke­nd ist, wie viele Menschen bereits über ihre Verhältnis­se leben. Bedrohlich aber ist wohl, dass viele von ihnen inzwischen so tief in der Schuldenfa­lle sitzen, dass sie ohne fremde Hilfe nicht herausfind­en. Ihnen muss die Schulderbe­ratung Wege ebnen. Und die muss dafür ausgebaut und qualifizie­rt werden.

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