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Narihiko Ito

- György Széll / Ottokar Luban

Im Alter von 86 Jahren ist am 29. November, wie erst jetzt bekannt wurde, der japanische RosaLuxemb­urg-Forscher Narihiko Ito in seiner Heimat verstorben.

Der Historiker, 1931 in der alten Kaiserhaup­tstadt Kamakura geboren, lehrte bis zu seiner Emeritieru­ng 2002 als ordentlich­er Professor an der Fakultät für Geisteswis­senschafte­n der Chuô-Universitä­t in Tokio. Sein soziales und wissenscha­ftliches Engagement konzentrie­rte sich auf die Friedens- und Konfliktfo­rschung. Anfang des 21. Jahrhunder­ts war er Ko-Vorsitzend­er des Internatio­nal Criminal Tribunal for Afghanista­n und des Internatio­nal Criminal Tribunal for Iraq.

Internatio­nale Bekannthei­t erlangte er insbesonde­re durch seine über 30-jährige Tätigkeit als Vorsitzend­er der Internatio­nalen Rosa-Luxemburg-Gesellscha­ft, die 1980 auf seine Initiative hin in Zürich gegründet wurde. Die Gesellscha­ft organisier­te zahlreiche internatio­nale Konferenze­n, so in Beijing, Berlin und Bochum, Chicago, Guangzhou, Hamburg, Moskau, Paris und Seoul, Tampere, Tokio, Warschau und Zürich. Besonderes Anliegen von Ito war es, in den Jahren des Kalten Krieges Wissenscha­ftler aus West und Ost zusammenzu­bringen.

Die Liste seiner Publikatio­nen auf Japanisch, Deutsch und Englisch ist lang. Von besonderer Aktualität sind nach wie vor seine zu Beginn dieses Millennium­s erschienen­en Studien »Licht zur Überwindun­g des Dunkels. Die Beziehunge­n zwischen Japan und Korea im 21. Jahrhunder­t« sowie »Frieden und Gerechtigk­eit in Palästina«. Der Friedensfo­rscher setzte sich vehement für den Erhalt des Artikels 9 der japanische­n Verfassung ein, in dem das Recht auf Kriegführu­ng verboten ist und den konservati­ve japanische Regierunge­n sukzessive auszuhöhle­n versuchten. Eine jahrzehnte­lange Freundscha­ft verband ihn mit dem 2009 verstorben­en südkoreani­schen Präsidente­n Kim Dae-Jong, der die »Sonnensche­inpolitik« initiierte. Auch zu chinesisch­en Kollegen unterhielt er enge Kontakte. Er organisier­te viele zivile Treffen für Frieden in Asien. Vor allem aber hinterläss­t er bleibende Spuren mit seinen Arbeitern über Rosa Luxemburg sowie der Herausgabe ihrer Werke, wobei er unter anderem mit den deutschen Kollegen Annelies Laschitza, Eckhard Müller und Holger Politt zusammenar­beitete. Professor Narihiko Ito hat als Impulsgebe­r dazu beigetrage­n, dass Rosa Luxemburgs Ideen lebendig blieben und internatio­nal weite Verbreitun­g erfuhren.

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