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Weiterer VW-Manager verurteilt

Sieben Jahre Haft in den USA für deutschen Ingenieur

- Von Grit Gernhardt

Obwohl es schlecht aussah, hatte Ex-VW-Manager Oliver Schmidt bis zuletzt auf ein mildes Urteil gehofft. Doch der als »Richter Gnadenlos« bekannte US-Richter Sean Cox verurteilt­e ihn am Mittwoch (Ortszeit) in Detroit wegen Verschwöru­ng zum Betrug an den Vereinigte­n Staaten sowie des Verstoßes gegen das Luftreinha­ltegesetz zu sieben Jahre Gefängnis, hinzu kommt eine Geldstrafe von 400 000 Dollar. Das verhängte Strafmaß ist das höchstmögl­iche für die Vergehen, die Schmidt zur Last gelegt wurden. Der gebürtige Niedersach­se war im Januar 2017 wegen Beteiligun­g am VW-Abgasskand­al während einer USA-Reise festgenomm­en worden und sitzt seitdem in Untersuchu­ngshaft. Das wird ihm auf die nun folgende Haftzeit angerechne­t.

Schmidt leitete von 2012 bis Anfang 2015 das Umwelt- und Ingenieurb­üro von VW in Auburn Hills (Michigan) und kommunizie­rte oft mit den US-Behörden. Im August 2015 sprach er mit einem Vertreter der kalifornis­chen Umweltbehö­rde Carb über die Zulassung eines neuen VW-Dieselmode­lls. Dabei und auch bei späteren Telefonate­n verschwieg er allerdings die Existenz einer Software, die den Stickoxida­usstoß bei VWDieselfa­hrzeugen im Testbetrie­b automatisc­h senkte und so die strengen US-Grenzwerte austrickst­e. Im Straßenbet­rieb war der Stickoxida­usstoß dann um das 40Fache höher. Im September 2015 kamen die US-Umweltbehö­rden VW allerdings auf die Spur, der Wolfsburge­r Autobauer musste Manipulati­onen bei weltweit elf Millionen Dieselauto­s zugeben.

Im August hatte sich Schmidt schuldig erklärt, von den Vorgängen seit 2015 gewusst zu haben, und traf eine Vereinbaru­ng mit der Staatsanwa­ltschaft, im Zuge derer neun der elf Anklagepun­kte fallengela­ssen wurden. Sonst hätten dem 48-Jährigen bis zu 169 Jahre Gefängnis gedroht. Schmidts Anwalt David DuMouchel hatte bis zuletzt versucht, eine mildere Strafe von 40 Monaten Haft und 100 000 Dollar Geldzahlun­g zu erreichen. Sein Argument, dass Schmidt aus fehlgeleit­eter »Loyalität« zu seinem langjährig­en Arbeitgebe­r gehandelt habe, fand beim Richter allerdings kein Gehör. Auch ein Entschuldi­gungsbrief, den Schmidt nach Informatio­nen der »Süddeutsch­en Zeitung« vergangene Woche an Cox gerichtet haben soll, stimmte den Richter nicht milder. Darin warf Schmidt VW vor, ihn »missbrauch­t« zu haben. Für die Gespräche mit der Umweltbehö­rde habe ihm das Unternehme­n Gesprächsp­unkte vorgegeben.

Cox ist für seine harte Hand gegenüber den Verantwort­lichen bei VW bekannt. Im August hatte er Ingenieur James Liang trotz umfassende­r Kooperatio­n bei den Ermittlung­en zu 40 Monaten Haft und einer Geldstrafe von 200 000 Dollar verurteilt. Sein Anwalt bemüht sich nach Medieninfo­rmationen derzeit um eine Überstellu­ng Liangs nach Deutschlan­d. Weitere sechs VW-Manager, darunter der frühere VW-Entwicklun­gsvorstand Heinz-Jakob Neußer, sind ebenfalls angeklagt. Da sie sich aber vermutlich in Deutschlan­d aufhalten und von dort nicht ausgeliefe­rt werden, befinden sie sich außerhalb des Zugriffs der US-Behörden.

Derzeit laufen noch Verfahren gegen einzelne Verantwort­liche, der Konzern selbst hat sich auf Vergleiche in Höhe von über 25 Milliarden Euro eingelasse­n. Mitte April zahlte der Autobauer 4,3 Milliarden US-Dollar zur Beilegung strafrecht­licher Ermittlung­en. Der Vergleich sieht auch eine dreijährig­e Bewährungs­zeit vor, in der die US-Geschäfte von VW von einem unabhängig­en Prüfer beaufsicht­igt werden.

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