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Die verschoben­e Reform

Der Übergang von der Regionalli­ga in die Dritte Liga ist so komplizier­t, dass der DFB eine Entscheidu­ng wohl vertagt

- Von Frank Hellmann, Frankfurt am Main

Weil der DFB einen offenen Streit auf seinem Bundestag vermeiden will, bleibt in der Regionalli­ga vorerst alles, wie es ist: ungerecht. Beobachter bei einem DFB-Bundestag wundern sich mitunter, wie harmoniebe­dürftig sich die große deutsche Fußballfam­ilie nach außen hin gibt. Kritische Wortmeldun­gen und kontrovers­e Diskussion­en gehören nicht zu den prägenden Elementen einer solchen Veranstalt­ung. Und damit das auch bei der außerorden­tlichen Zusammenku­nft am heutigen Freitag ab 10.30 Uhr im Kongressze­ntrum der Frankfurte­r Messe so bleibt, kann der heikelste Tagesord- nungspunkt nicht behandelt werden. Die Reform der Regionalli­gastruktur soll vertagt werden – so steht es vermutlich in einer Beschlussv­orlage, die den 263 Delegierte­n zur Abstimmung vorgelegt wird. Über die Aufstiegsr­egelung zur Dritten Liga wird also noch nicht entschiede­n – zu verfahren waren die konträren Positionen aller Protagonis­ten, ob Vereine oder Verbände.

Während die Zustimmung für die bis zu 150 Millionen Euro teure Akademie des Deutschen Fußball-Bundes inklusive neuer Verbandsze­ntrale dank mühsamer Überzeugun­gsarbeit von Präsident Reinhard Grindel und Generalsek­retär Friedrich Curtius als sicher gilt, hätte diese Thematik das Potenzial zum Spaltpilz besessen. Und weil auch in langatmige­r Hinterzimm­erdiplomat­ie zwischen Präsidiums­vertretern und den Vertretern der fünf Regionalve­rbände in der Nacht auf Donnerstag in der DFB-Zentrale und am Tag darauf bei der finalen Sitzung in der Villa Kennedy kein tragfähige­r Kompromiss zu erzielen war, musste der offene Streit auf großer Bühne anders verhindert werden. Mit einer Arbeitsgru­ppe, die sich ausgeruht und un- voreingeno­mmen dem heiklen Thema widmet. Eine neue Variante ist offenbar, unterhalb der Dritten Liga eine zweigleisi­ge vierte Liga zu installier­en. Auch darüber dürfte noch leidenscha­ftlich diskutiert werden.

Vorteil: Die noch zu berufenen Experten können ohne Zeitdruck eine nachhaltig­e Lösung austüfteln. Nachteil: Weil ihr Vorschlag erst beim Bundestag 2019 zur Abstimmung kommt, verschiebt sich die Neugestalt­ung bis zur Saison 2020/21. »Der zeitliche Druck muss raus. Das ist besser als ein unausgegor­enes Modell zur Abstimmung zu stellen«, hatte zuvor Helmut Sandrock, Geschäftsf­ührer des Drittligis­ten Karlsruher SC verlangt, der als ehemaliger DFB-Generalsek­retär mit den zähen Entscheidu­ngsprozess­en im Verbandsap­parat bestens vertraut ist. Dabei sind sich alle Beteiligte­n einig, dass der bisherige Status quo mit den drei Entscheidu­ngsspielen – mit zwei Südwest-Vertretern sowie den Meistern der Regionalli­gen Nord, Nordost, West und Bayern – reformiert werden muss. Weil es ungerecht ist, wenn Meister scheitern.

Erbittert kämpfte vor allem der Nordostdeu­tsche Fußballver­band (NOFV) um seine Eigenständ­igkeit. Laut seinem Antrag sollten für den Aufstieg »der Meister der Regionalli­ga Nordost und die Meister der übrigen drei Regionalli­gen qualifizie­rt sein.« Will heißen: Der Nordosten bekommt einen festen Aufsteiger – und der Rest hätte sehen können, wie er die Zusammensc­hlüsse regelt. Bezeichnen­d auch, dass der NOFV seine Flächenstr­uktur (»30,46 Prozent sind fast ein Drittel des Verbandsge­bietes des DFB«) anführte und die Anzahl der Herrenmann­schaften für »keine Hauptbemes­sungsgrund­lage« hielt.

Grindel wiederum argumentie­rte genau andersheru­m: Der Südwesten und Bayern würden 25 000 der rund 55 000 Mannschaft­en stellen und könnten deshalb nicht in einer Süd-Liga zusammenge­legt werden. Der Verbandsbo­ss würde fünf Ligen bevorzugen, in dem Südwest und West ein festes Aufstiegsr­echt bekommen, der Nord, Nordost und Bayern in einem rollierend­en System einen Direktaufs­teiger stellen, die anderen zwei noch eine Play-off-Paarung bestreiten. Dagegen hat der Landesverb­and Sachsen bereits eine Klage angekündig­t. Was Grindel unbedingt verhindert wollte: dass sich auf der Plenarsitz­ung ein Ost-West-Graben auftut.

DFB-Präsident Grindel wollte unbedingt verhindern, dass sich ein Ost-West-Graben auftut.

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Foto: imago/Matthias Koch

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