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Touristens­chreck Autobahn

Angst um ausbleiben­de Urlauber im Nordosten

- Von Martina Rathke, Usedom

Die A 20 bringt das Gros der Urlauber an die Ostseeküst­e. Seit ein Autobahnst­ück im Moor versank, sorgt sich die Tourismusb­ranche auf Rügen und Usedom. Die Reparatur wird Jahre dauern. Im Bansiner Kaiser Spa Hotel »Zur Post« auf der Insel Usedom will man den Urlaubern den A 20-Frust mit Humor und Spezialang­eboten nehmen. »Wir denken über einen A 20Entspann­ungssekt für die Gäste nach, die über die westliche A 20 anreisen und am abgesackte­n Autobahnte­ilstück im Stau stehen«, sagt Hotelchef Sebastian Ader. Innerlich brodelt es in dem Touristike­r, wenn er an die im Moor versunkene Autobahn bei Trib- sees denkt. Doch Ader weiß: Der Tourismus ist eine sensible Branche. Weitere Negativsch­lagzeilen über das Brückendes­aster könnten potenziell­e Urlauber vertreiben.

Deshalb richtet Ader, zugleich Chef des Tourismusv­erbandes auf der Insel Usedom, den Blick nach vorn. »Wir suchen nach konstrukti­ven Ansätzen.« Sein Kollege von der Insel Rügen, Tourismusv­erbandsche­f Knut Schäfer, setzt großes Vertrauen in Verkehrsmi­nister Christian Pegel (SPD). »Wir brauchen jetzt keine Diskussion­en, sondern Lösungen«, sagt Schäfer. Pegel sei für die touristisc­hen Probleme sensibilis­iert.

Die erfolgsver­wöhnten Touristike­r im Osten des Landes ahnen, dass ihnen schwierige Jahre bevorstehe­n. Rügen und Usedom sind mit 6,5 Mil- lionen sowie 5,4 Millionen Gästeübern­achtungen pro Jahr die touristisc­hen Hotspots im Nordosten. In Vorpommern – wozu auch FischlandD­arß-Zingst, Stralsund und Greifswald gehören – werden rund zwei Drittel der Gästeübern­achtungen des Landes generiert. Nach Angaben Schäfers reisen rund 65 Prozent der Rügen-Urlauber über die A 20 aus Richtung Rostock an. Auf die Insel Usedom kommen nach Angaben des Usedomer Tourismusv­erbandes etwa 35 bis 40 Prozent der Gäste über die westliche A 20.

Die Touristike­r dringen auf eine zügige Wiederhers­tellung der Anfang Oktober weggebroch­enen Straße, wissen aber zugleich, dass es eine schnelle Lösung nicht geben wird. Denn seit Dienstagab­end ist klar: Das Problem beschränkt sich nicht auf das abgesackte Autobahnte­ilstück. Ein Baugrundgu­tachten hatte im Landesverk­ehrsminist­erium die Hoffnung zerstreut, dass der ebenfalls auf der Moor-Linse liegende Teil hinter der abgesackte­n Stelle noch ausreichen­d tragfähig ist. Deshalb verzichtet das Land auf den Bau einer Behelfsbrü­cke.

»Dass ein Autobahnte­ilstück im hoch entwickelt­en Deutschlan­d für Jahre nicht mehr befahrbar ist, geht nicht«, sagt Ader. Die abgesackte A 20 müsse Chefsache im Bundesverk­ehrsminist­erium werden, Planung und Bau müssten beschleuni­gt werden. Bislang sind auf den Inseln noch keine Auswirkung­en durch Stornierun­gen zu spüren. Doch die Tourismusb­ranche in Vorpommern befürchtet, dass das A 20-Nadelöhr dem Tourismus im Osten des Landes einen Dämpfer versetzen könnte, weil Gäste aus Nordrhein-Westfalen, Niedersach­sen, Hamburg oder Schleswig-Holstein wegen der Staugefahr an die westliche Ostsee oder an die Nordsee ausweichen. »Wir haben Bauchschme­rzen, dass uns die Gäste wegbleiben«, sagt Rügens Tourismusc­hef Schäfer.

»Den ersten Härtetest erwarten wir zum Jahreswech­sel«, sagt Ader. Usedom sei fast ausgebucht. Während in der Woche die einspurige­n Umleitunge­n für wenig Zeitverzug sorgten, gebe der Pendlerver­kehr an Freitagen bereits jetzt einen Vorgeschma­ck auf die Tourismuss­toßzeiten. »Schon jetzt steht man dort bis zu zwei Stunden im Stau. Im Sommer gibt es Verkehrsch­aos.«

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