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EU-Verfassung? Da war doch was ...

Schulz’ Europa-Idee ist nicht beherzt, sondern undurchdac­ht, findet Nelli Tügel

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Den Provinzbür­germeister aus Würselen zu mimen, hat für Martin Schulz nicht besonders gut funktionie­rt. Also greift er auf das zurück, was er kann – oder meint zu können: Europa. Eine längere Passage seiner Parteitags­rede widmete der SPD-Vorsitzend­e am Donnerstag diesem Thema. Ganz schön spät; im Wahlkampf wurde es noch regelrecht verschwieg­en. Jetzt wie Kai aus der Kiste mit den »Vereinigte­n Staaten von Europa« anzukommen, wirkt wie der Versuch, sich im Glanz Emmanuel Macrons zu sonnen.

Auch darüber hinaus ist Schulz’ Idee nicht sehr überzeugen­d. Er möchte bis 2025 eine Europäisch­e Verfassung – wer sie nicht unterschre­ibt, soll den Staatenbun­d verlassen. Ein solches Projekt ist schon einmal krachend gescheiter­t: 2005, an Volksabsti­mmungen in den Niederland­en und Frankreich. Das weiß Schulz natürlich, ebenso wie er weiß, dass seitdem die Europaskep­sis weiter zugenommen hat. In fast keinem Mitgliedsl­and hätte die gemeinsame Verfassung eine Chance – von der EU bliebe wohl nicht viel übrig. Die eigentlich relevante Frage ist daher, was passieren muss, damit die Bewohner des Kontinents eine föderale EU wollen. Schulz hätte – beispielsw­eise – erklären können, was genau die SPD tut, um die Umsetzung der im November proklamier­ten Europäisch­en Säule sozialer Rechte mit voranzutre­iben – nicht 2025, sondern jetzt.

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