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Digitale Attacke

- Von Florian Haenes

Man rechnet den Posten des Generalsek­retärs traditione­ll der »Abteilung Attacke« zu. In einer SPD, die zwar unbedingt angreifen will, aber nicht weiß, wen und vor allem warum, ist dies kein dankbares Amt. Seit Freitag bekleidet es Lars Klingbeil. Der SPDParteit­ag hat den 39-Jährigen mit mageren 70,6 Prozent der Stimmen gewählt. Seine Agenda umreißt Klingbeil wie folgt: »Was gut war, wird bleiben. Was nicht gut ist, werden wir gemeinsam verändern.«

Nun, nach Attacke klingt das nicht. Klingbeil charakteri­siert sich denn auch als eher »ruhigen Typen«. Anders als Gerhard Schröder, dessen Wahlkreism­itarbeiter Klingbeil früher war, läuft er nach eigener Aussage nicht »breitbeini­g durch Berlin« oder ist »ständig auf Testostero­n«. Im Gegenteil. In einer Dokumentat­ion des NDR offenbarte Klingbeil, sich eine gewisse Zurückhalt­ung antrainier­t zu haben. Denn: »Ein falscher Satz, und du wirst geprügelt.«

Der aus Munster bei Hannover stammende Klingbeil war 2005 für wenige Monate in den Bundestag nachgerück­t, nachdem sein Vorgänger wegen einer Gehaltsaff­äre zurücktret­en musste. Aus dem Intermezzo zieht er, damals noch Rockmusike­r, die Lehre, sich die langen Haare abzuschnei­den und seine Piercings zu entfernen. Vier Jahre später zieht Klingbeil wieder in den Bundestag ein, diesmal aber in uniformer Erscheinun­g. Die SPD-Fraktion macht ihn zum netzpoliti­schen Sprecher, Klingbeil fordert Asyl für Edward Snowden und wendet sich gegen die Vorratsdat­enspeicher­ung. Doch nach Eintritt der SPD in die Große Koalition profiliere­n sich andere Netzpoliti­ker. Der Abgeordnet­e Klingbeil bleibt ein weitgehend unbeschrie­benes Blatt.

Nun also ist er Generalsek­retär. Zu Inhalten äußerte sich Klingbeil, der zum pragmatisc­hen Flügel gehört, bislang nicht. Es heißt aber, er plane die SPD von einer Gremien- in eine Digitalpar­tei umzubauen, ganz nach dem Vorbild der Bewegung »EnMarche« von Emmanuel Macron. Eine politische Attacke im klassische­n Sinn ist das nicht. Doch für die Traditions­partei SPD wäre dies eine historisch­e Zäsur.

 ?? Foto: dpa/Maurizio Gambarini ?? Generalsek­retär Lars Klingbeil will die SPD zur Digitalpar­tei umbauen
Foto: dpa/Maurizio Gambarini Generalsek­retär Lars Klingbeil will die SPD zur Digitalpar­tei umbauen

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