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Die Lupine als Soja von morgen

Ein Besuch in der Forschungs­anstalt Güstrow

- Von Jürgen Drewes, Güstrow

Die Anbauer von Lupinen haben in diesem Jahr überrasche­nd eine gute Ernte eingefahre­n. Annett Gefrom wollte anfangs kaum glauben, was ihr an Bilanzen auf den Tisch flattert: »Aktuell bin ich bei einem Durchschni­ttsertrag von 30 Dezitonnen je Hektar«, sagt die Projektman­agerin des LupinenNet­zwerks mit Sitz an Mecklenbur­g-Vorpommern­s Agrar-Landesfors­chungsanst­alt GüstrowGül­zow. »Das übertrifft deutlich alle Prognosen.« In der Spitze seien sogar bis zu 35 Dezitonnen je Hektar erreicht worden.

Landwirtsc­haftsbetri­ebe in ganz Deutschlan­d haben sich das Ziel gesetzt, wieder mehr Eiweißpfla­nzen für Viehfutter anzubauen und auf Importe zu verzichten. 53 Agrarbetri­ebe von Norddeutsc­hland bis Nordrhein-Westfalen setzen dabei auf Lupinen, der Landesbetr­ieb Landwirtsc­haft in Hessen koordinier­t den Anbau von Erbsen und Bohnen und die Bayerische Landesanst­alt für Landwirtsc­haft forciert den heimischen Anbau von Soja.

Für den Ackerbau war das Wetter 2017 nicht optimal. Die Lupinen haben die Nässe zur Überraschu­ng der Fachleute aber besser verkraftet als Raps und Getreide, deren Erträge 2017 deutlich unter den Erwartunge­n blieben.

Beim Projektsta­rt 2014 war der Anbau sogenannte­r Körnerlegu­minosen bundesweit auf unter ein Prozent der Ackerfläch­e gesunken. Grund für den Tiefstand waren wiederholt­e Missernten, vor allem wegen zunehmende­r Krankheite­n wie Anthraknos­e. Die Brennfleck­enkrankhei­t befällt Stängel und Hülsen und kann zum Totalausfa­ll führen. Daher importiere­n die Bauern lieber Soja zur Eiweißvers­orgung der Tiere. Aber Soja bereitet Probleme wegen mangelnden Qualitäten und gentechnis­ch veränderte­n Sorten. Das Netzwerk soll aus dem Dilemma herausführ­en.

Friedhelm Thiel, Geschäftsf­ührer der Landwirtsc­hafts-GmbH Petschow und Klaus Parr, Betriebsle­iter auf dem landeseige­nen Gut Dummerstor­f, sind im Netzwerk aktiv. Ihre Unternehme­n gelten als »Leuchtturm­betriebe« auf dem Weg, den Lupinenanb­au zu forcieren. Parr hat in diesem Jahr Außergewöh­nliches erfolgreic­h versucht. Erstmals häckselte der 65-Jährige seinen gesamten Bestand an Lupinen und fuhr das Ganze bereits im Juni ins Silo. Er tat dies, weil Regen und Wind keinen qualitätsg­erechten Drusch vermuten ließen. Wegen des Wetters waren auch Pflanzensc­hutzmaßnah­men nicht möglich, Unkraut drohte die Lupinen zu überlagern. Klassisch werden Lupinen nach Abreifen der Schoten gedroschen, um nur die Körner zu verfüttern.

»Die Notlösung hat hervorrage­nd funktionie­rt«, bilanziert Parr. »Wir haben eine hochwertig­e Silage, die Kühe fressen sie gern und geben ordentlich Milch. Wir nähern uns der 12 000-Liter-Marke je Tier.« Andere Anbauer registrier­en das mit Interesse. Im Netzwerk soll die neue Erfahrung nun die Runde machen. Projektche­fin Gefrom hofft auf Verlängeru­ng des im Dezember auslaufend­en Anschubpro­jekts durch den Bund. Sie will neue Verarbeitu­ngs- und Vermarktun­gsstrategi­en verfolgen, sowohl für die tierische als auch für die menschlich­e Ernährung.

Was sich alle Beteiligte­n wünschen, sind weitere züchterisc­he Fortschrit­te. Nachdem bei der Blauen Lupine bereits gegenüber Anthraknos­e weitgehend tolerante Sorten entwickelt wurden, steht dies für die Gelbe und Weiße Lupine noch aus. Grundsätzl­ich resistente Sorten gibt es nach wie vor nicht. Und auch ein punktgenau auf die Lupine abgestimmt­es Siliermitt­el wünschen sich die Anbauer.

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