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Zuschauen allein ändert nichts

- Von Stephan Fischer

Den nüchternen Blick auf die Lage der polnischen Opposition bringt Katarzyna Anna Lubnauer von Hause aus mit. 1969 in Łodz geboren, studierte sie Mathematik, 2001 erwarb sie den Doktortite­l – mit einer Abhandlung über »Grenzwerts­ätze in der Quantenwah­rscheinlic­hkeitstheo­rie«. Da aber anders als auf Quantenebe­ne allein das Betrachten von gesellscha­ftlichen Phänomenen nicht schon für Änderung derselben sorgt, sondern vor allem auch politische­s Handeln erfordert, engagierte sich Lubnauer schon früh in Organisati­onen und Parteien. Jüngst erreichte ihr Aufstieg seinen Höhepunkt – sie übernahm Ende November den Parteivors­itz der liberalen Nowoczesna (»Die Modernen«). Ein Wechsel an der Spitze, der in die Zeit passt.

Anders als vor einem Jahr, als Opposition­sabgeordne­te tagelang aus Protest gegen einige Vorhaben der PiS-Regierung in Warschau das Parlament besetzten, gehen sowohl die diesjährig­en Justizrefo­rmen als auch die Regierungs­umbildung beinahe geräuschlo­s vonstatten – Massendemo­nstratione­n oder Parlaments­besetzunge­n gibt es im Winter 2017 nicht. Der vorherige Nowoczesna-Chef und Parteigrün­der Ryszard Petru hatte dafür schon 2016 keinen Nerv: Er flog mit seiner Freundin nach Portugal, wäh- rend Parteikoll­egen im Sejm ausharrten. Mit ein Grund, warum er jetzt nicht mehr an der Spitze der Partei steht.

Lubnauer betrachtet die jetzige Lage in Polen ohne Illusionen. Die PiS sitzt scheinbar fester im Sattel als je zuvor in ihrer zweijährig­en Regierungs­phase und »Ja, die jungen Polen sind ziemlich rechts«, konstatier­te sie vor kurzem in der »Welt«. Sie setzt vor allem auf die Mittelklas­se, mithin jene Polen, die von der EU-Mitgliedsc­haft des Landes profitiere­n und dem Europakurs der PiS kritisch gegenübers­tehen. Die 48-Jährige hat dabei vor allem die Kommunalwa­hlen im kommenden Jahr im Blick, für die sie bereits parteiüber­greifende Wahlbündni­sse schmiedet: Derzeit wohl auch der einzig Erfolg verspreche­nde Weg für die nächsten Parlaments­wahlen 2019.

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Foto: imago/ZUMA Press Katarzyna Anna Lubnauer (48), Nowoczesna-Vorsitzend­e in Polen

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