Berlin vor der Verkehrswende
Bundesweit erstes Radgesetz kann 2018 verabschiedet werden
Berlin. Der rot-rot-grüne Berliner Senat hat den Entwurf für die ersten drei Kapitel des Mobilitätsgesetzes am Dienstag abgesegnet. Neben einem allgemeinen Rahmen widmen sich weitere Teile dem Öffentlichen Personennahverkehr sowie dem Radverkehr. »Seit Jahren wächst der Trend zum Fahrrad«, sagte Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne).
»Mit dem deutschlandweit ersten Mobilitätsgesetz überhaupt starten wir in Berlin nicht weniger als eine Revolution«, ist Antje Kapek, Grünen-Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus, überzeugt. »Die Koalition muss endlich Tempo vorlegen«, forderte Kerstin Stark vom Volksentscheid Fahrrad, der die Gesetzgebung 2016 angestoßen hatte. Eigentlich hätte es noch dieses Jahr verabschiedet werden sollen, nun könnte es 2018 so weit sein.
Natürlich ist es erst einmal ein Gesetzesentwurf, der erst noch durch das Abgeordnetenhaus durch muss. Aber mit dem Vorschlag für ein Mobilitätsgesetz leitet Rot-Rot-Grün endlich die dringend notwendige Verkehrswende in der Hauptstadt ein. Wie wichtig ein Umschwenken weg vom sogenannten motorisierten Individualverkehr hin zu öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad und den eigenen Füßen ist, zeigen die neuesten Recherchen des rbb, die praktisch zeitgleich zum Senatsentwurf veröffentlicht wurden: Demnach liegen die gesundheitsschädlichen Stickstoffdioxid-Belastungen an vielen Städten in der Stadt deutlich über den festgelegten Grenzwerten.
Ob der Gesetzesentwurf die hohen Erwartungen erfüllt, wird sich zeigen. Fest steht, dass die entsprechenden Verbände und Lobbyorganisationen mit dem Vorschlag zum Radgesetz, der Teil des Mobilitätsgesetzes ist, bereits Ende des Frühjahres gerechnet hatten. Doch die Verkehrsverwaltung von Senatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) konnte offenbar nicht liefern, weil die Verwaltung nach der Aufteilung der alten Stadtentwicklungsverwaltung erst wieder zum Laufen gebracht werden musste.
Doch besser spät als nie. Mit dem jetzt vorgelegten ersten Teilen des Mobilitätsgesetzes kann Berlin tatsächlich Geschichte machen. Schließlich ist es das erste Mobilitätsgesetz eines Bundeslandes. Dass der Vorschlag, der der Verkehrswende einen Rahmen geben soll, auch die »Vision Zero« beinhaltet, ist selbstverständlich. Dessen Ziel ist, die Zahl der Verkehrstoten auf null zu senken. In den vergangenen Jahren war das Gegenteil der Fall: Von 48 (2015) stieg die Zahl auf 56 (2016).
Außerdem bedeutet ein Mobilitätsgesetz noch keine praktische Verkehrswende. Dass die weiter auf sich warten lässt, zeigt sich beispielsweise am neuen Fahrradweg in der Gitschiner Straße in Kreuzberg. Der neue Fahrradweg wird gerne als Parkplatz für Autos genutzt.