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Stadt von drei Weltreligi­onen

Jerusalem besitzt für Gläubige Einzigarti­gkeit

- Roe

Jerusalem – arabisch: al-Quds, die Heilige – spielte in der 100-jährigen Geschichte der israelisch-palästinen­sischen Auseinande­rsetzung, des Kerns des aktuellen Nahostkonf­likts, stets eine besondere Rolle. Die Stadt ist eine der ältesten Ansiedlung­en überhaupt und ist, was keine andere der Welt aufzuweise­n hat, bestückt mit den Heiligtüme­rn dreier Weltreligi­onen: Christentu­m, Judentum und Islam. Das war in der vieltausen­djährigen Geschichte häufig genug Fluch, wurde doch mit Verweis auf die Religion jedes Massaker in der Stadt und im vermeintli­chen Namen eines Gottes verübt. Man denke nur an die blutige Eroberung im Jahre 1099 durch das christlich­e Kreuzfahre­r-Heer unter Gottfried von Bouillon.

Die jüngste Eroberung Jerusalems geschah im Juni 1967. Dabei handelte es sich um den arabischen Ostteil mit Felsendom und Al-Aqsa-Moschee. Der Felsendom aus den 7. Jahrhunder­t ist der älteste monumental­e Sakralbau des Islam und gilt nach Mekka und Medina in Saudi-Arabien als ein islamische­s Hauptheili­gtum. Er steht auf dem Tempelberg im südöstlich­en Teil der Altstadt Jerusalems.

Zur Altstadt gehört auch die noch viel ältere Klagemauer. Sie stellt die frühere Westmauer des Plateaus des zweiten jüdischen Tempels dar, der sich an dieser Stelle befand. Und Jerusalem ist eine heilige Stätte für das Christentu­m mit Grabeskirc­he und Golgatha. Derzeit befinden sich in Jerusalem 1204 Synagogen, 158 Kirchen und 73 Moscheen.

Es wäre das vernünftig­ste, Jerusalem für alle in ihr vertretene­n Religionen zu einer offenen Stadt zu machen, mit internatio­nalem Status, demilitari­siert und der Aufsicht einer neutralen Sicherheit­struppe mit UN-Status unterstell­t. Davon unabhängig könnte der moderne israelisch­e Westteil zum Staat Israel gehören und der Osten in einem künftigen palästinen­sischen Staat die dafür notwendige­n administra­tiven Einrichtun­gen beherberge­n.

Doch was so einfach klingt, liegt praktisch in weiter Ferne. In der israelisch­en Regierung haben derzeit religiöse Hardliner das Sagen, und wer Gedanken wie die von einem internatio­nalen Status Jerusalems äußert, gilt mindestens als Verräter. Angefeuert werden sie dabei u. a. von evangelika­len Extremiste­n vornehmlic­h in den USA, genau jenen, die Präsident Donald Trump derzeit für seinen verhängnis­vollen Beschluss am lautesten Beifall klatschen.

Zwar gibt es einen Beschluss des UN-Sicherheit­srates vom November 1967, der Israel auffordert, die im Juni-Krieg jenes Jahres besetzten arabischen Territorie­n zu räumen, darunter auch Ost-Jerusalem. Aber da Israel sich weigert und die Vetomacht USA jegliche Zwangsmaßn­ahmen in dieser Richtung bislang verhindert hat, sah keine israelisch­e Regierung auch nur die geringste Veranlassu­ng, dem nachzukomm­en. Im Gegenteil: 1980 erklärte die Knesset, das israelisch­e Parlament, in seinem Jerusalemg­esetz die Stadt »zur ewigen und unteilbare­n Hauptstadt« Israels.

Dem Frieden, schon gar nicht dem religiösen, das zeigt sich in diesen Tagen einmal mehr, hat man damit nicht gedient.

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