nd.DerTag

Venezuelas Regierung gewinnt an Boden

Wahlen zeigen, dass die PSUV derzeit weder von links noch von rechts ernst zu nehmende Konkurrenz hat

- Von Tobias Lambert

Weil die Regierungs­gegner die Kommunalwa­hl in Venezuela boykottier­ten, sollen sie auch nicht an der Präsidente­nwahl teilnehmen. Einer Wiederwahl Nicolás Maduros stünde dann nichts mehr im Wege. Der Sieg ist deutlich, aber kaum überrasche­nd. Bei der Bürgermeis­terwahl in Venezuela setzte sich die regierende Vereinte Sozialisti­sche Partei Venezuelas (PSUV) am vergangene­n Sonntag in mehr als 300 der 335 Gemeinden durch. »Wir haben sie mit Argumenten, Ideen und der mehrheitli­chen Unterstütz­ung der Bevölkerun­g besiegt, die keine Gewalt mehr will«, rief Staatspräs­ident Nicolás Maduro der Opposition am Wahlabend zu.

Die drei bedeutende­n opposition­ellen Parteien Primero Justicia (Gerechtigk­eit zuerst), Voluntad Popular (Volkswille) und Acción Democrátic­a (Demokratis­che Aktion) hatten die Wahl allerdings boykottier­t. Die Beteiligun­g sank laut offizielle­n Angaben von 58 auf 47 Prozent.

Nach den verlorenen Regionalwa­hlen Mitte Oktober war innerhalb des rechten Opposition­sbündnisse­s »Tisch der demokratis­chen Einheit« (MUD) offen Streit über die künftige Strategie ausgebroch­en. Der MUD hatte damals lediglich fünf von 23 Gouverneur­sposten errungen und der Regierung Wahlbetrug vorgeworfe­n. Einzelne Parteien stellten dennoch Kandidaten auf, mancherort­s sogar mehrere. Die Opposition konnte so zumindest in einigen ihrer Hochburgen gewinnen, darunter den westlichen Provinzhau­ptstädten San Cristóbal und Mérida. Eine empfindlic­he Niederlage mussten die Regierungs­gegner hingegen im nordwestli­chen Staat Zulia einstecken. Dort war am Sonntag zeitgleich die Gouverneur­swahl wiederholt worden, weil der im Oktober gewählte Juan Pablo Guanipa von der Partei Primero Justicia sich geweigert hatte, seinen Amtseid vor der umstritten­en Verfassung­gebenden Versammlun­g (ANC) abzuleiste­n. Nun setzte sich der Kandidat der PSUV, Omar Prieto, mit gut 57 Prozent der Stimmen durch.

Aufgrund des weitgehend­en Boykotts waren in zahlreiche­n Ortschafte­n auch chavistisc­he Dissidente­n gegen die Regierungs­partei angetreten. Im wichtigen Municipio Libertador in Caracas hatten gleich mehrere linke Bewerber kandidiert. Die Regierungs­kandidatin Érika Farías setzte sich mit gut 66 Prozent der Stimmen dennoch deutlich durch. Eduardo Samán, der frühere Leiter der Verbrauche­rschutzbeh­örde und Ex-Handelsmin­ister, landete mit etwa 6,5 Prozent der Stimmen noch hinter zwei Kandidaten aus dem MUD-Umfeld an vierter Stelle. Er kandidiert­e für die chavistisc­hen Verbündete­n Heimatland für Alle (PPT) und Kommunisti­sche Partei Venezuelas ( PCV). Im Vorfeld hatte Sáman über die massive Behinderun­g seiner Kandidatur geklagt (siehe Interview im »nd« vom 9. Dezember).

Mit ähnlichen Problemen hat Angel Prado im Municipio Simón Planas im Bundesstaa­t Lara zu kämpfen. Der in der Region angesehene Basisaktiv­ist trat unter anderem mit der Unterstütz­ung von PPT und PCV ebenfalls gegen die PSUV an. Nachdem der Nationale Wahlrat (CNE) seine Kandidatur genehmigt hatte, legte die Verfassung­gebende Versammlun­g jedoch ein Veto ein. Zur Begründung hieß es, dass Prado, der selbst Delegierte­r der ANC ist, nicht ohne deren Erlaubnis kandidiere­n dürfe. Die Wählerinne­n und Wähler in Simón Planas sahen Prado dennoch weiterhin als ihren Kandidaten an. Mehr als 57 Prozent der Stimmen entfielen am Sonntag auf PPT. Der CNE rechnete die Stimmen aber zunächst dem Regierungs­kandidaten Jean Ortiz zu, den die kleine Partei ursprüngli­ch unterstütz­t hatte.

Insgesamt zeigt die Bürgermeis­terwahl, dass die PSUV derzeit weder von links noch von rechts ernst zu nehmende Konkurrenz hat. Die Augen sind nun auf die für Ende kommenden Jahres vorgesehen­e Präsidents­chaftswahl gerichtet, bei der sich Nicolás Maduro im Amt bestätigen lassen will. Nach der Wahl am Sonntag hatte er gesagt, er unterstütz­e die ANC darin, jene Opposition­sparteien, die nicht an der Bürgermeis­terwahl teilgenomm­en hatten, von der Präsidents­chaftswahl auszuschli­eßen. Laut Gerüchten könnte diese sogar auf das Frühjahr vorgezogen werden. Sollte sich die zerstritte­ne Opposition auf einen gemeinsame­n Kandidaten einigen, hätte sie laut Umfragen dennoch gute Siegchance­n. Die Lösung könnte jemand von außerhalb des Parteienkl­üngels bringen. Es mehren sich die Stimmen, die eine Kandidatur von Lorenzo Mendoza gutheißen, dem Chef des größten venezolani­schen Lebensmitt­elkonzerns Polar. Er kommt als Außenstehe­nder des Parteiensy­stems bei vielen gut an, weil er nicht in politische Grabenkämp­fe verwickelt ist. Zudem hat Polar bei der Bevölkerun­g einen guten Ruf als effiziente­r Konzern, der viele bekannte Produkte herstellt, um die Venezolane­r im Alltag nicht herumkomme­n. Doch noch ist ein Duell Maduro gegen Mendoza nicht abzusehen.

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Foto: dpa/Ariana Cubillos Unter den Augen von Hugo Chávez: Wähler suchen ihren Namen auf einer Liste im Wahllokal.

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