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Manifestat­ion antisemiti­scher Gewaltkult­ur

Verband: Muslimisch­e Community hat Problem mit Judenhass / Durchgreif­en bei Anti-Israel-Demos gefordert

- Von Jérôme Lombard und Oliver Schmitt

Am Dienstag demonstrie­rten erneut Hunderte gegen Israel. Das American Jewish Committee (AJC) fordert, stärker gegen antisemiti­sche Hetze und das Verbrenner israelisch­er Flaggen vorzugehen. Es ist offener Antisemiti­smus, der sich in den vergangene­n Tagen auf Berlins Straßen gezeigt hat: Wut schnaubend­e Demonstran­ten, die »Tod den Juden skandieren«, Flaggen mit dem Davidstern verbrennen und Fahnen der islamistis­chen Terrororga­nisation Hamas schwenken.

Unter dem Vorwand, gegen die Anerkennun­g Jerusalems als Hauptstadt Israels durch US-Präsident Donald Trump zu protestier­en, wird unverhohle­n gegen Juden gehetzt. Am Dienstag versammelt­en sich wieder rund 800 pro-palästinen­sische Demonstran­ten vor dem Hauptbahnh­of. Zu der Kundgebung aufgerufen hatte die »Deutsche Jugend für Palästina«, dieselbe Gruppe, die auch bei den antisemiti­schen Demonstrat­ionen am Wochenende als Veranstalt­er fungiert hatte.

Ursprüngli­ch sollte die Kundgebung auf dem Pariser Platz vor dem Brandenbur­ger Tor stattfinde­n. Also genau dort, wo die Jüdische Gemeinde zeitgleich die erste Kerze von Europas größtem Channuka-Leuchter als Zeichen des Friedens und der Toleranz entzündete. Eine Provokatio­n, die die Polizei im Vorfeld untersagt hatte.

»Was sich auf diesen Demonstrat­ionen manifestie­rt, ist ungeniert vorgetrage­ner Hass gegen Juden«, sagt Fabian Weißbarth vom »American Jewish Committee« (AJC). Der Rechtsstaa­t müsse mit aller Härte gegen antisemiti­sche Parolen und das Verbrennen von Flaggen vorgehen. Das ist laut Paragraf 104 des Strafgeset­zbuches allerdings erst dann eine strafbare Handlung, wenn die Flagge zuvor als Hoheitszei­chen, etwa vor Botschafte­n, verwendet wurde. Allerdings kann man das Verbrennen eines Davidstern­s auch als Volksverhe­tzung strafrecht­lich ahnden. Doch Repression reiche nicht aus, sagt Weißbarth. Man müsse das hinter den Demonstrat­ionen stehende Problem beim Namen nennen. »In der arabisch-muslimisch­en Community wird eine antisemiti­sche Gewaltkult­ur gepflegt, die sich am Feindbild Israel abarbeitet«, sagt Weißbarth. Immer, wenn im Nahen Osten etwas passiere, breche sich dieser antiisrael­ische Antisemiti­smus arabisch-muslimisch­er Couleur in Europa bahn.

Die Ereignisse erinnern an den Sommer 2014. Israel reagierte damals auf den Raketenbes­chuss aus Gaza mit einer Militärakt­ion. In Berlin zogen daraufhin Unterstütz­er der Hamas unter antisemiti­schen Slogans durch die Straßen. Allerdings gibt es auch einen Unterschie­d: Anders als noch vor drei Jahren folgte der öffentlich­e Aufschrei sofort. Politiker aller Parteien im Abgeordnet­enhaus verurteilt­en die Demonstrat­ionen. Staatssekr­etärin Sawsan Chebli (SPD) rief die Muslime zu mehr Engagement gegen Antisemiti­smus auf. »Genauso wie Muslime als Minderheit erwarten, dass andere sich für sie einsetzen, wenn sie diskrimini­ert oder angegriffe­n werden, müssen sie ihre Stimme viel lauter erheben, wenn Juden in unserem Land bedroht werden«, forderte Chebli.

»Muslime müssen sich gegen Antisemiti­smus stellen.« Sawsan Chebli, SPD-Staatssekr­etärin

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