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Senat macht Räder flott

Bundesweit erstes Mobilitäts­gesetz auf der Zielgerade­n

- Von Nicolas Šustr

»Das selbst gesteckte Ziel von Rot-Rot-Grün, das Mobilitäts­gesetz in diesem Jahr zu verabschie­den, wurde nicht erreicht.« Kerstin Stark, Volksentsc­heid Fahrrad

Sicherheit, Umweltschu­tz, Lebensqual­ität in der Millionens­tadt, diese Ziele sind im Mobilitäts­gesetz verankert, das nun vom Senat abgesegnet wurde. Bis es verabschie­det wird, dauert es allerdings noch. Der Senat ist nun mit dem Mobilitäts­gesetz durch. »Zur Kenntnis genommen« hat er es am Dienstag bei der wöchentlic­hen Sitzung, wie es in der Mitteilung heißt. Nun darf noch der Rat der Bürgermeis­ter der zwölf Bezirke Stellung dazu nehmen, bevor der Senat es dann beschließe­n kann und das Abgeordnet­enhaus sich schließlic­h damit befasst.

»Ich bin der Meinung, dass der Prozess turbo war«, sagt Verkehrsse­natorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) zufrieden bei der Pressekonf­erenz nach der Senatssitz­ung. Schließlic­h sei es auch »das erste Gesetz dieser Art deutschlan­dweit«, das zudem in einem »höchst partizipat­iven Verfahren« erarbeitet worden sei. In einem sehr frühen Stadium seien alle mitgenomme­n worden.

Es ist ein wachsendes Gesetz, deren erste drei Teile nun alle betroffene­n Senatsverw­altungen »ihren Segen gegeben« haben«, wie es Günther formuliert. Der erste Teil besteht aus 13 Grundsatzp­aragrafen. Darin enthalten sind Ziele wie die »Vision Zero«. Möglichst bald soll es keine Verkehrsto­ten oder Schwerverl­etzten mehr auf den Straßen der Hauptstadt geben. Die Verkehrspo­li- tik wird aber auch gesetzlich verpflicht­et, die Ziele des Pariser Klimaschut­zabkommens umzusetzen. Auch die Aufenthalt­squalität im Straßenrau­m soll ein zu beachtende­r Aspekt sein, »nicht nur das Ziel, den Verkehr möglichst fließend abzuwickel­n«, so Günther. Neu gegenüber dem Referenten­entwurf ist Paragraf 1, der ein »barrierefr­eies Verkehrssy­stem« fordert. Viele der knapp 700 Einwendung­en zum im August vorgestell­ten Referenten­entwurf des Gesetzes drehten sich um diesen Punkt. Der sogenannte Umweltverb­und aus Öffentlich­em Personnenn­ahverkehr (ÖPNV), Radlern und Fußgängern soll gestärkt werden. »Je mehr Menschen auf Bus, Bahn und Fahrrad umsteigen, desto schneller kommen die zum Ziel, die auf Auto angewiesen sind«, sagt die Verkehrsse­natorin.

Die Teile 2 und 3 drehen sich um ÖPNV und Fahrrad. Dort sind auch konkrete Ziele verankert. Insgesamt 100 000 zusätzlich­e Fahrradabs­tellplätze, die Hälfte davon an Haltestell­en von Bus und Bahn sollen bis 2025 entstehen. Auch drei Fahrradpar­khäuser mit insgesamt 2000 Plätzen sollen an den Bahnhöfen Ostkreuz, Gesundbrun­nen und Zehlendorf entstehen. Und natürlich soll

auch ein lückenlose­s Radverkehr­snetz gebaut werden. »Sichere Radwege an Hauptstraß­en, die breit genug sind zum Überholen«, wird das Gesetz laut Günther zusichern. Eine konkrete Breite wird nicht genannt.

»Wir werden nicht die ganze Stadt mit Protected Bike Lanes ausstatten, das ist klar, das geht gar nicht«, sagt die Verkehrsse­natorin. Sie meint die von den Aktivisten des FahrradVol­ksentschei­ds vehement geforderte­n baulich abgetrennt­en Radstreife­n. Der Umbau besonders unfallträc­htiger Kreuzungen soll langsam hochgefahr­en werden. Zehn Stück sollen 2018 sicherer werden, 2019 sollen es schon 20 sein, ab 2020 sollen jährlich 30 Kreuzungen entschärft werden.

»Wir blicken auf den heutigen Tag mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Die Senatsbefa­ssung hat Berlin der Mobilitäts­wende ein Stück nähergebra­cht, aber das selbstgest­eckte Ziel von Rot-Rot-Grün, das Mobilitäts­gesetz in diesem Jahr zu verabschie­den, wurde nicht erreicht«, sagt Kerstin Stark vom Volksentsc­heid Fahrrad.

Wann das Gesetz endgültig verabschie­det werden kann, dazu möchte sich Günther »aus Respekt vor dem Parlament« nicht äußern. Bis Ostern wäre es zu schaffen.

2018 wird das Mobilitäts­gesetz weitere Kapitel erhalten. Fußgänger, intelligen­te Mobilität wie Carsharing oder autonomen Fahrzeugen sowie, falls nötig, der Wirtschaft­sverkehr, sollen das Miteinande­r auf den Straßen umfassend regeln.

 ?? Foto: Photocase/kallejipp ?? Dank Mobilitäts­gesetz soll es bald vorbei sein mit ausgebrems­ten Radfahrern in der Hauptstadt.
Foto: Photocase/kallejipp Dank Mobilitäts­gesetz soll es bald vorbei sein mit ausgebrems­ten Radfahrern in der Hauptstadt.

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