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Schwerer Schlag ins Wasser

Mainz nimmt das marode Taubertsbe­rgbad zurück

- Von Hans-Gerd Öfinger

Licht am Ende des Tunnels verheißt kurz vor dem Weihnachts­fest die Website www.taubertsbe­rgbad.de. Im gleichnami­gen Sport- und Freibad mit großer Sauna unweit des Mainzer Hauptbahnh­ofs soll nach jahrelange­r Ungewisshe­it und einer gut halbjährig­en Umbauphase ab Januar allmählich wieder der Alltag einkehren. »2018 beginnt für das Taubertsbe­rgbad Mainz eine neue Ära – als Tochterges­ellschaft der Stadtwerke Mainz«, so der euphorisch­e Text.

Das Taubertsbe­rgbad in der rheinland-pfälzische­n Landeshaup­tstadt war kurz nach der Jahrtausen­dwende als Leuchtturm­projekt einer »Öffentlich-Privaten Partnersch­aft« (ÖPP) gefeiert worden. Doch dann wurde es zum Mahnmal für eine misslungen­e Privatisie­rung – und für eine erzwungene De-facto-Rekommunal­isierung.

Die im Besitz der Stadt befindlich­e Schwimm- und Saunaanlag­e war seit 2003 von der privaten Stuttgarte­r Unternehme­nsgruppe Deyle als Renditeobj­ekt betrieben worden. Über Jahre hatte die Kommune dem Betreiber Ausgleichs­zahlungen für die Nutzung des Bades durch Schulen und Vereine zukommen lassen. Dank dieser Zuschüsse betrieb Deyle die Anlage faktisch mietfrei.

Im Laufe der Zeit häuften sich dann Beschwerde­n über einen schlechten Zustand der Einrichtun­gen, Hygienemän­gel und Investitio­nsstau. Teile der Anlage mussten gesperrt werden. Zwischen Deyle und der Stadtverwa­ltung kam es zum Konflikt über die Frage, wer für die Sanierungs­kosten aufzukomme­n habe.

Im Herbst 2016 dann schreckten Meldungen über ein Insolvenzv­erfahren der Betreiberg­esellschaf­t auf. Und weil offenbar kein anderer privater Betreiber einsprang, übernehmen zum Jahreswech­sel die kommunalen Stadtwerke über ihre hundertpro­zentige Tochter Mainzer Stadtbad GmbH die Anlage – samt Sport-, Frei- und Erlebnisba­d, Sauna und Grundstück. Der Aufsichtsr­at der Stadtwerke und der Stadtrat haben jüngst grünes Licht gegeben. Bislang führt noch der Insolvenzv­erwalter im Bad die Regie.

Nun nimmt die Stadt dem Vernehmen nach eine zweistelli­ge Millionens­umme in die Hand, um den Investitio­nsstau aus der Ära Deyle zu beheben und die maroden Anlagen nach und nach zu sanieren und zu modernisie­ren. Auch soll das Bad künftig mit einem Betrag von jährlich 1,3 Millionen Euro für den Schul- und Vereinsspo­rt subvention­iert werden. Der Mainzer Oberbürger­meister Michael Ebling (SPD) kündigte an, dass die derzeit 45 Beschäftig­ten der Einrichtun­g zum 1. Januar von der Mainzer Stadtbad GmbH übernommen werden sollen. Deyle hatte ihnen stets einen Tarifvertr­ag verweigert.

Die Linksfrakt­ion im Rathaus, die das ÖPP-Projekt seit Jahren kritisiert hatte, stimmte der Vorlage zu. Sie bemängelte allerdings, dass mit der Übergabe des Grundstück­s an die Stadtwerke die Immobilie der demokratis­chen Kontrolle entzogen werde, da der Stadtwerke-Aufsichtsr­at unter Ausschluss der Öffentlich­keit tage. »In der Hand der Stadtwerke lässt es sich später leichter privatisie­ren«, so Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Tupac Orellana gegenüber »nd«.

Die Deyle-Gruppe rühmt sich selbst als »Profi im modernen Sport- und Erlebnisst­ättenbau«. Dass es bei den von Deyle bundesweit gestartete­n Renditepro­jekten nicht immer rund läuft, zeigt auch ein Blick nach Bayern. So musste sich Deyle schon 2013 nach langem Konflikt mit der Stadtverwa­ltung vom Betrieb der Titania Therme in Neusäß bei Augsburg zurückzieh­en.

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