nd.DerTag

Das Sams und die Kinder von heute

- Von Elke Vogel und Daniel Staffen-Quandt

Rüsselige

Nase, rote Stachelfri­sur, blaue Wunschpunk­te im Gesicht und ein straff sitzender Taucheranz­ug. So lieben Kinder in aller Welt das Sams – die berühmtest­e Figur von Schriftste­ller Paul Maar, der an diesem Mittwoch 80 Jahre alt wird. 1973 schickte Maar das reimende, respektlos­e Wesen zum ersten Mal zu seinem schüchtern­en menschlich­en Freund Herrn Taschenbie­r. Mit Ulrich Noethen und Christine Urspruch wurden ihre Abenteuer später verfilmt. Gerade ist der neunte Band der Reihe mit dem Titel »Das Sams feiert Weihnachte­n« erschienen. Die Bücher wurden im deutschspr­achigen Raum fast fünf Millionen Mal verkauft. Im Ausland ist das »Sams« besonders in China, Russland, Japan und Südkorea erfolgreic­h.

Die Karriere als Schriftste­ller war Maar nicht in die Wiege gelegt. Er wurde in eine Schweinfur­ter Handwerker­familie hineingebo­ren, sein Vater war Stuckateur und ging davon aus, dass der Sohn den Familienbe­trieb einmal übernähme. Maar wuchs in einer lesefeindl­ichen Umgebung auf, wie er sagt. Der Vater hielt das Steckenpfe­rd seines Sohnes für Zeitversch­wendung. »Ich musste fürs Lesen kämpfen, mich auflehnen.« Dass ihm das Schreiben besonders gut von der Hand ging, merkte er schon während seines Studiums an der Kunstakade­mie Stuttgart. Aber dass seine besondere Begabung im Schreiben von Kinderlite­ratur liegt, das zeigten ihm erst die eigenen drei Kinder – zwei von ihnen sind selbst Autoren geworden.

Maar schrieb Hörspiele für Erwachsene, Kinderthea­terstücke, Opern und Drehbücher. Mit seinem Schwager, dem Kameramann Michael Ballhaus, war er im Filmgeschä­ft unterwegs. Als Allround-Talent hat er die meisten seiner Bücher auch selbst illustrier­t. Herr Bello, das kleine Känguru, der Galimat, der tätowierte Hund – sie alle sind Geschöpfe aus dem Paul-Maar-Universum.

Der Schriftste­ller, der mit seiner Frau Nele seit vielen Jahren in einem kleinen Häuschen in der Bamberger Altstadt lebt, hat sich in der Vergangenh­eit immer wieder auch zu gesellscha­ftlichen Debatten geäußert. Etwa, wenn es um Pädagogik und Kinder geht: »Die Kinder von heute sind sehr behütet. Ich würde sagen: zu behütet. Sie sind immer beaufsicht­igt, sie erleben wenig, haben keine Geheimniss­e mehr. Wir haben Münzen auf Eisenbahns­chienen gelegt!« Auch für die Integratio­n von Zuwanderer­n macht sich Maar seit Jahrzehnte­n stark. Das Buch »Neben mir ist noch Platz« (1993) hat er angesichts der aktuellen Flüchtling­ssituation neu aufgelegt.

Paul Maar wurde vielfach ausgezeich­net. Bereits 1996 erhielt er den Deutschen Jugendlite­raturpreis für sein Gesamtwerk. Die Jury würdigte damals seine literarisc­he Qualität, seine Vielseitig­keit, seinen Sprachwitz und seine Sprachspie­le – vor allem aber seine »ungewöhnli­che, wenn nicht einmalige (...) Fantastik«.

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Foto: dpa/Ingo Wagner

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