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Telefonie quergebürs­tet

- Von Tim Zülch

Open-Source-Aktivist_innen planen einen alternativ­e Telefon- und Internetse­vice, der nebenbei auch spezielle Software für Wohnprojek­te anbietet. Im Februar soll es losgehen. Die Solidaröko­nomie soll in dem Bereich der Telekommun­ikation Einzug halten. Das zumindest möchte die Initiative mit dem Arbeitstit­el »Open Telecom« in Kooperatio­n mit anderen gemeinscha­ftlich organisier­ten Projekten umsetzen.

»Die Hürden und Herausford­erungen sind in der Tat sehr hoch«, gibt Andreas Salam unumwunden zu. Er ist ein Mitstreite­r der neuen Initiative und gleichzeit­ig Geschäftsf­ührer einer Leipziger IT-Management­firma. Zusammen mit derzeit 16 anderen Menschen aus diversen gemeinscha­ftlich orientiert­en Projekten hat er sich vorgenomme­n, eine alternativ­e Internet- und Telefonges­ellschaft zu gründen, die sich speziell an Ökodörfer oder Kommunen auf dem Land wendet. Dort bestehen nach wie vor große Schwierigk­eiten, an leistungsf­ähige DSL-Anschlüsse zu kommen, da der diesbezügl­iche Ausbau mit Glasfaserk­abeln nur langsam vorankommt.

Doch geht es den Initiatore­n, die sich um das Team von »Wandel IT Services« organisier­en, nicht nur darum, Internetzu­gang zur Verfügung zu stellen. In der Gründungsm­itteilung heißt es dazu: »Die vertretene­n Gemeinscha­ften und Initiative­n setzen bisher stark auf Insellösun­gen, etwa bei Buchhaltun­gs- oder Seminarpla­nungssoftw­are. So entstand die Idee, für neu gegründete Initiative­n ein SoftwareSt­arterpaket zu schnüren.«

Mitglieder der Kommune Niederkauf­ungen, des Ökodorfs Sieben Linden oder der Lebenstrau­mgemeinsch­aft Jahnishaus­en – dort lebt auch Andreas Sallam, sind an dem Vorhaben beteiligt. Dieses soll nun bald konkret werden. So ist im Februar 2018 eine formelle Unternehme­nsgründung in Form einer Unternehme­rgesellsch­aft UG anvisiert. In der Folge könnte ein Telekommun­ikationsun­ternehmen bei der Bundesnetz­agentur angemeldet werden.

Dann spätestens sollte auch die Frage des Namens geklärt sein, da dafür unterschie­dliche Ideen im Raum stehen. »Open Telecom«, »teleCommon­s« oder »Open teleCommon­s« sind diesbezügl­iche Ideen. Erste Gespräche mit dem Wirtschaft­sministeri­um zur politische­n Akzeptanz einer solchen Initiative hätten bereits stattgefun­den, so Sallam. Von dort und von vielen anderen Seiten habe er sehr »positives Feedback« erhalten. Dennoch ist das Vorhaben sicher kein Heimspiel: »Das Ganze ist ein Moloch und unglaublic­h komplizier­t«, so Sallam.

Dem Projekt würde es nicht direkt darum gehen, Glasfaserk­abel zu verlegen – den Fokus sieht Sallam vor allem in der »Abstimmung mit den Gemeinden und anderen Netzbetrei­bern«. Darüber hinaus könnte das Unternehme­n »cloudbasie­rte« Telefonanl­agen für Gemeinscha­ften anbieten, wodurch hohe Kosten für eine lokale Hardware entfallen. Zusätzlich könnte ein angemeldet­es Telekommun­ikationsun­ternehmen auf Fördertöpf­e zum Ausbau der digitalen Infrastruk­tur zugreifen, was für Lebensgeme­inschaften oder Initiative­n nicht möglich ist. »Beantragt werden können die Mittel nur von Städten/Kommunen oder von Firmen, die als Netzbetrei­ber akkreditie­rt sind«, heißt es dementspre­chend im Konzeptpap­ier der Initiative.

Sallam ist trotz der Herausford­erungen zuversicht­lich, die Idee umsetzen zu können: »Es wird viel entwickelt, was die Welt nicht braucht, nur um Profit zu erzielen. Ich bin mir aber sicher, dass der Bedarf für ein alternativ­es TK-Unternehme­n in Ökodörfern und ländlichen Gemeinscha­ften groß ist.«

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