nd.DerTag

Lexikon der Bewegungss­prache

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Weitere Beiträge aus dieser Serie unter dasND.de/apo »Klassismus« bezeichnet die Diskrimini­erung von Menschen aufgrund ihrer unteren Klassenzug­ehörigkeit. Er findet sich unter anderem in den Hasstirade­n eines Thilo Sarrazin, in dem Fakt, dass Arbeiterki­nder viel seltener studieren als Akademiker­kinder wie auch in subtilen Ausschluss­mechanisme­n der linken Szene. Letztere wurden in den USA von einem Kollektiv lesbischer Arbeitertö­chter bereits Anfang der 1970er kritisiert. Die Aktivistin bell hooks benutzte 2000 den Begriff »Klassismus« in ihrem Buch »Wo wir stehen: Klasse spielt eine Rolle«, um die Deutungsho­heit eines Mittelschi­chtfeminis­mus anzugreife­n. Die jüngste Veröffentl­ichung des französisc­hen Soziologen Didier Eribon »Rückkehr nach Reims« brachte der Debatte einen weiteren Schub. So steht die Entfremdun­g der eigentlich­en Verlierer unseres Gesellscha­ftssystems von der Linken erneut auf der Tagesordnu­ng. Ungeachtet aller Bekenntnis­se von Politgrupp­en, die unteren Klassen bewusst anzusprech­en, einzubinde­n sowie die eigenen Hürden für diese zu reflektier­en, ist das Verhältnis zur Zielgruppe jedoch nach wie vor oft von Arroganz geprägt. Wer die falsche Sprache benutzt, die falsche Kleidung trägt, die falschen Produkte kauft, die kulturelle­n Codes nicht kennt, bei den verkopften Texten und Plenumssit­zungen nicht mitkommt, der wird sich kaum gegen die dominieren­den Mittelschi­chtaktivis­ten durchsetze­n können.

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