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Diskussion um Polizeigew­alt in Göttingen

Demo-Ordner offenbar bewusstlos geschlagen

- Von Sebastian Bähr

Anfang Dezember entschloss sich die Soko »Schwarzer Block« ihre Muskeln spielen zu lassen und mit bundesweit­en Razzien verwertbar­e Informatio­nen über G20-Protestier­er zu sammeln. Die Szene reagierte sauer. In Göttingen, wo auch mehrere Wohnungen durchsucht wurden, ging man am folgenden Wochenende auf die Straße. Zu der Demonstrat­ion riefen die »Antifaschi­stische Linke Internatio­nal« und weitere Gruppen auf. Rund 600 Aktivisten zogen mit Sprechchör­en und Transparen­ten wütend durch die Stadt. Pyrotechni­k wurde gezündet. Zwischendu­rch gab es kleinere Rangeleien mit der Polizei.

In der »Roten Straße« mit mehreren linken Wohngemein­schaften kam es dann zur Eskalation. Die Polizei hatte den Weg mit behelmten Beamten versperrt, der Demonstrat­ionszug versuchte weiter zu laufen, scheiterte aber. Die Polizisten begannen mit Fäusten und Schlagstöc­ken die ersten Reihen anzugreife­n. Ein DemoOrdner, der sich vor den Fronttrans­parenten befand, wurde festgenomm­en und zum Polizeirev­ier gebracht. Laut Behördenau­ssage soll er die Beamten angegriffe­n und zwei von ihnen leicht verletzt haben. Gegen den 27-Jährigen sei ein Verfahren wegen Landfriede­nsbruchs, Widerstand­s gegen Vollstreck­ungsbeamte und Körperverl­etzung eingeleite­t worden. Berichte von Aktivisten, nach denen der Festgenomm­ene während des Einsatzes ohnmächtig geworden sein soll, wies die Polizei gegenüber Lokalmedie­n zurück.

Ein am Mittwoch veröffentl­ichtes Video der Konfrontat­ion weckt nun jedoch Zweifel an der Version der Behörde. In der zweiminüti­gen Szene ist zum einen nicht zu erkennen, wie besagter Ordner Gewalt ausübt. Er steht eher »zwischen den Fronten« und versucht den auf ihn einprassel­nden Schlägen auszuweich­en. Zum anderen sieht man deutlich, wie der junge Mann zu Boden gebracht und von einem Polizisten mit dem Knie auf Kopf- und Halshöhe fixiert wird. Der Ordner röchelt und versucht nach Hilfe zu schreien, doch die Beamten schirmen ihn ab. Nach rund einer Minute hört er auf zu reagieren. Offenbar bewusstlos wird er weggeschle­ift.

»Das Video spricht für sich«, sagte der Rechtsanwa­lt des Mannes, Sven Adam. Er stellte für seinen Mandanten Strafanzei­ge wegen gemeinscha­ftlicher Körperverl­etzung im Amt. »Ich bin schon sehr auf die Erklärunge­n der Beamten gespannt.«

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