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Peinlicher Start, inhaltslee­res Ende

Die Konferenz der Welthandel­sorganisat­ion endete am Mittwoch ohne konkrete Ergebnisse

- Von Andreas Behn, Buenos Aires

Die WTO-Konferenz endete ergebnislo­s und mit gegenseiti­gen Schuldzuwe­isungen. Der Konflikt zwischen armen und reichen Ländern blockiert nach wie vor den multilater­alen Freihandel.

Katzenjamm­er bei der WTO. Die 11. Ministerko­nferenz der Welthandel­sorganisat­ion im argentinis­chen Buenos Aires ging am Mittwochab­end ohne nennenswer­te Ergebnisse zu Ende. Nicht einmal der Entwurf einer inhaltslee­ren kurzen Abschlusse­rklärung wurde verabschie­det. »Der Rückenwind, den die WTO-Konferenz zur Lösung globaler Handelspro­bleme geben sollte, ist bestenfall­s ein laues Lüftchen geblieben«, fasste Wirtschaft­sstaatssek­retär Matthias Machnig (SPD) und Chef der deutschen Delegation den Stand zusammen.

Erfolgreic­h trug die US-Regierung unter Donald Trump dazu bei, dass die Konsensfin­dung nicht vorankam. Doch ist es scheinheil­ig, wenn die Industries­taaten inklusive Deutschlan­d Trumps Protektion­ismus für die Stagnation verantwort­lich machen. Konsequent blockieren die reichen Länder ein Entgegenko­mmen gegenüber ärmeren Staaten, obwohl das seit 16 Jahren auf der WTO-Tagesordnu­ng steht.

Statt bessere Chancen für globale Handelsbez­iehungen zu bekommen, müssen sich Entwicklun­gsländer mit der Rolle von Rohstoffli­eferanten für die reichen Länder begnügen. Kein Wunder, dass afrikanisc­he Staaten wenig Kompromiss­bereitscha­ft zeigen, wenn ihre besonderen Bedürfniss­e im Welthandel nicht in Vertragste­xten akzeptiert und die bislang unfairen WTO-Regeln nicht angepasst werden. »Die einst im Konsens beschlosse­ne Entwicklun­gsrunde hat kaum noch eine reale Bedeutung in der Debatte um gerechte Handelsstr­ukturen. Schuld sind vor allem die Industries­taaten, die erfolgreic­h Zusagen an ärmere Staaten blockiert haben«, erklärt Sven Hilbig, Referent für Welthandel bei der evangelisc­hen Entwicklun­gshilfeorg­anisation Brot für die Welt.

EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström bezeichnet­e das Treffen als »verpasste Gelegenhei­t«, um Vereinbaru­ngen über sensible Themen zu erreichen. »Es gab kein Verhandlun­gsergebnis, wir waren nicht einmal in der Lage, uns über einen Stopp der Subvention­en für illegale Fische- rei zu einigen«, sagte Malmström noch vor dem Ende der Konferenz. Sie bedauerte, dass die Debatten im Rahmen der WTO von einzelnen Staaten blockiert wurden. Manche hätten sich geweigert, Themen wie Onlinehand­el auch nur zu besprechen, weil sie angeblich kein Mandat dafür hätten.

Für den Gastgeber, Argentinie­ns Präsidente­n Mauricio Macri, war die Konferenz ein Fiasko. Die Ergebnisse blieben deutlich hinter denen der Vorgängerk­onferenzen in Nairobi und Bali zurück. Sein Vorhaben, sich als verlässlic­her Partner der Industries­taaten zu präsentier­en, die ihm den neoliberal­en Rechtsruck Zuhause danken, ging nicht auf. Nicht einmal der zuvor angekündig­te Durchbruch bei den Freihandel­sverhandlu­ngen zwischen der EU und dem südamerika­nischen Staatenbun­d Mercosur kam zustande und wurde auf unbestimmt­e Zeit verschoben.

Trägt Macri daran keine persönlich­e Schuld, so geht der peinliche Start der Konferenz nur auf sein Konto: Mit fadenschei­nigen Sicherheit­sbedenken verweigert­e er über 60 teils bereits akkreditie­rten Vertretern von Nichtregie­rungsorgan­isationen (NGOs) die Einreise und löste damit Unverständ­nis und breiten Protest aus.

Nach Interventi­on einiger Regierunge­n erlaubte Macri einem Teil der Abgewiesen­en die Einreise. Doch der Imageschad­en war auch mit einer halben Entschuldi­gung nicht mehr zu reparieren. Zudem machte die Organisati­on der Konferenz deutlich, dass die Zivilgesel­lschaft nicht erwünscht war. Ihr wurde der 4. Stock in einem etwas abgelegene­n Gebäude zugewiesen, in der die akkreditie­rten NGOs vor meist gähnend leeren Sälen ihre Veranstalt­ung ohne die Präsenz von Journalist­en und Delegierte­n durchführe­n konnten.

Gut besucht hingegen war der dreitägige Alternativ­gipfel, der von Globalisie­rungskriti­kern, Gewerkscha­ften und sozialen Bewegungen in einem Unigebäude in einem nahe gelegenen Stadtviert­el organisier­t wurde. Die Kritik an der WTO ergänzt die kritische Haltung Vieler gegenüber der neoliberal­en Politik Macris, die schon jetzt zu einer deutlichen Zunahme von Armut und Unmut in Argentinie­n geführt hat. Beide Themen wurden am Dienstag von Tausenden auch auf die Straße getragen – es gab einen bunten Protestmar­sch. Für viele war es der Auftakt der Proteste gegen den G20Gipfel, der Ende November 2018 in Buenos Aires stattfinde­n wird.

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