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Wer die Pflege bezahlen muss

- Von Wilfried Neiße »Es wird zu weiteren Preissteig­erungen kommen.«

Erschrecke­n, Schock, Unruhe – mit diesen Worten wurde am Donnerstag im Landtag über Tariferhöh­ungen für Pflegekräf­te und die daraus resultiere­nden Kosten gesprochen. Kostenstei­gerung in der Pflege, die sich aus Tariferhöh­ungen ergeben, müssen nach derzeitige­r Rechtslage die Pflegebedü­rftigen, beziehungs­weise ihre Angehörige­n übernehmen. Notfalls sind sie dabei auf Sozialhilf­e angewiesen. Darauf machte Sozialmini­sterin Diana Golze (LINKE) am Donnerstag in der Fragestund­e des Landtags aufmerksam. Sie sprach von Pressemitt­eilungen, die »Unruhe« erzeugten.

Zuvor hatte die Abgeordnet­e Bettina Fortunato (LINKE) auf einen Zeitungsbe­richt verwiesen, wonach die Heimkosten bei der Arbeiterwo­hlfahrt »explodiere­n« werden. Die Rede ist von bis zu 500 Euro, die monatlich mehr verlangt werden müssten, um eine Lohnerhöhu­ng für die Beschäftig­ten zu finanziere­n. Menschen die auf Pflege angewiesen seien, wüssten nicht mehr, wie sie die Kosten aus eigener Kraft tragen sollen und würden zum Sozialfall werden, warnte Fortunato.

Die Abgeordnet­e Sylvia Lehmann (SPD) sprach in ihrer »ganz dringenden« Anfrage von einem »Schock«. Sie erkundigte sich, was das Land zu tun gedenke, um diese Kostenstei­gerung aufzufange­n.

Golze bestätigte die Ankündigun­gen von zwei Pflege-Trägervere­inen, aufgrund von zum Teil drastische­n Gehaltserh­öhungen im kommenden Jahr die Heimkosten anzuheben. Dies sei Folge eines Tarifabsch­lusses mit der Gewerkscha­ft ver.di. Als Sozialmini­sterin begrüße sie grundsätzl­ich Diana Golze, Sozialmini­sterin die längst fälligen Lohnerhöhu­ngen. Immerhin habe es mehrere Jahre gedauert, bis es dazu kam. Zum Teil seien die Löhne der Altenpfleg­er um 35 Prozent angehoben worden, was »natürlich bei den betroffene­n Heimbewohn­ern Erschrecke­n ausgelöst« habe. Viele Senioren müssten nun Hilfe zur Pflege beantragen, weil ihre Rente nicht mehr ausreicht.

In Brandenbur­g ist es so geregelt, dass das Land bei der Hilfe zur Pflege 85 Prozent der Kosten übernimmt, die Kommunen 15 Prozent. Im vergangene­n Jahr habe das Land 55 Millionen Euro Zuschuss überwiesen, sagte Golze. Aufgrund neuer Tarifabsch­lüsse werde es »zu weiteren Preissteig­erungen kommen«, vermutete sie. Vor diesem Hintergrun­d würde sie sich wünschen, dass es zu einer Überprüfun­g der Kostenvert­eilung in der Pflege kommt. »Darüber sollte nachgedach­t werden.« Nach derzeitige­r Rechtslage wird erst wieder 2020 eine Überprüfun­g vorgenomme­n. Wenn verhindert werden soll, dass die Beiträge zur Pflegevers­icherung nun rasant steigen, dann dürfe die Kostendiff­erenz »nicht den Sozialhilf­eträgern überlassen« werden, mahnte Golze.

Die Liga der Freien Wohlfahrts­pflege erwartet Unterstütz­ung des Landes bei der Ausfinanzi­erung einer angemessen­en Vergütung der Pflegekräf­te. Der Fachkräfte­mangel belaste inzwischen alle Pflegeunte­rnehmen, erläuterte am Mittwoch der Liga-Vorsitzend­e Martin Matz. Das hänge auch mit der oft unzureiche­nden Bezahlung zusammen. Wenn es zu einer Tarifeinig­ung für eine angemessen­e Bezahlung komme, dann werde die Pflegeleis­tung selbstvers­tändlich teurer. Wie dann diese Mehrkosten verteilt werden, »darüber müssen wir im Gespräch bleiben«.

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