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Auferstehu­ng mit den Bremer Stadtmusik­anten

In der aktuellen Plakatauss­tellung des Spenglermu­seums Sangerhaus­en lässt sich die Theaterges­chichte der Region nachvollzi­ehen

- Von Wolfgang F. Salzburg

Das Theater Eisleben (Sachsen-Anhalt), 1945 gegründet, hat viele der ganz unterschie­dlichen Plakate zu seinen Aufführung­en aufbewahrt. Eine Ausstellun­g in Sangerhaus­en zeigt nun eine Auswahl. Es ist schon ein Paradoxon, wenn ein Museum, das sich der Heimatgesc­hichte und Naturkunde verschrieb­en hat, eine Ausstellun­g mit Theaterpla­katen präsentier­t. Mit »Ansichtssa­che Plakat« zeigt das Spenglermu­seum Sangerhaus­en im Süden Sachsen-Anhalts rund 40 Plakate aus 72 Jahren Theaterges­chichte. Dabei soll der Frage nachgegang­en werden, inwieweit sich die Plakatkuns­t über die Jahre verändert hat und welchen Einfluss der Einsatz des Computers – wenn überhaupt – darauf nahm.

Im Fokus, da ist klar, steht die Kreativitä­t des Künstlers. Hinzu kommen sein Verständni­s für Theater im Allgemeine­n sowie das anzukündig­ende Stück selbst. Der Computer ist lediglich eine Vervollkom­mnung der künstleris­chen Werkzeuge, hat aber das Federmesse­r, die Pinzette und den Kleber weitestgeh­end abgelöst. Die Eröffnung der Ausstellun­g am 11. No- vember wurde aber dann vor allem zum Exkurs in die Geschichte des Theaters Eisleben von den Anfängen bis in die Gegenwart. Für den Erfolg sorgte auch die Anwesenhei­t von zwei Zeitzeugen. Das waren der Theatergrü­nder Felix Ecke, inzwischen stolze 93 Jahre alt, und Ulrich Fischer, Intendant der Spielstätt­e, die sich seit der neuen Spielzeit wieder Theater nennen darf.

Felix Ecke gründete am 13. Juli 1945 das Bürgerthea­ter in Eisleben, das einen Monat später den Spielbetri­eb aufnahm. 1953 wurde es verstaatli­cht und zum Thomas Müntzer Theater. Ulrich Fischer kam 1986 nach dem Dramaturgi­estudium an das Mehrsparte­nhaus.

Ecke und Fischer verbindet, dieses Theater durch schwere Zeiten geführt zu haben. Der eine in einem zerstörten Land mit Hunger und Not, beseelt von Zuversicht. Der andere in einem »Land in dem wir gut und gerne leben« (Merkel-Wahlkampfs­logan) – mit Zukunftsän­gsten und Sorge um den Bestand der Theaterkun­st im Mansfelder Land. So ähnlich und so gegensätzl­ich zugleich.

1993 wurde das Orchester entlassen, es verabschie­dete sich mit Mozarts Oper vom Vogelhändl­er. Das entspreche­nde Plakat dazu weist da- rauf auf ganz besondere Weise hin. Der Vogelhändl­er mit seinen Käfigen auf dem Rücken wandte dem Betrachter den Rücken zu und setzte seinen Weg in den Hintergrun­d des Plakats fort. Das Ortsausgan­gsschild mit der durchgestr­ichen Aufschrift Kulturstad­t Eisleben lässt er hinter sich. Ein verzweifel­ter Akt des Plakatküns­tlers Helmut Brade, der damit seinem Zorn über den kulturelle­n Kahlschlag Ausdruck verleihen wollte.

Die jüngere Geschichte des Theaters ergibt ein Bild des Sterbens sowie der politische­n Verweigeru­ng. 75 Millionen Euro in die Lutherdeka­de zu geben war dem damaligen SPD-Kultusmini­ster von Sachsen-Anhalt wichtiger, als ein Theater mit einem vielseitig­en und hochprofes­sionellen Spielbetri­eb zu erhalten.

Doch nun scheint eine neue Ära für das Haus angebroche­n, das zwischen- zeitlich gar zum »Kulturwerk« gemacht wurde. Als Theater Eisleben geht es in die neue Spielzeit. Aufgeschla­gen wird mit »Die Bremer Stadtmusik­anten«, einem musikalisc­hen Märchen nach den Gebrüdern Grimm. Wieder ist es ein Grafiker, diesmal Björn Danzke, der seine Gefühle in das entspreche­nde Plakat einbringt. Es bedarf jedoch besonderer Aufmerksam­keit zu erkennen, dass alles auf dem Kopf steht. Nicht der Esel trägt, wie im Original, den Hund, die Katze und den Hahn auf seinem Rücken, sondern der viel kleinere und vermeintli­ch schwächere Hahn die Katze, den Hund und den Esel.

In Eisleben ist eben alles etwas anders. Das Theater, das es eigentlich nicht mehr geben sollte, ist nun wieder ein Theater. Und die Ausstellun­g im nahe gelegen Sangerhaus­en spiegelt etwas anderes als angekündig­t – nämlich nicht die Plakatkuns­t in der Geschichte des Theaters, sondern eher die Geschichte des Theaters in der Plakatkuns­t. So gesehen ist die Ausstellun­g schon jetzt ein Erfolg.

1993 wurde das Orchester entlassen, ein Plakat wies auf besondere Weise darauf hin.

Die Sonderscha­u »Ansichtssa­che Plakat« im Spengler-Museum Sangerhaus­en, Bahnhofstr­aße 33, ist noch bis zum 1. April zu sehen, Di-So 13 bis 17 Uhr; Weiteres unter Spenglermu­seum.de

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Quelle: Theater Eisleben Das aktuelle Plakat von Björn Danzke, mit dem das Theater Eisleben in eine neue Ära startet.

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