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Tedesco hat einen Plan

Mit dem jungen Trainer hat sich der FC Schalke 04 wieder in die Spitzengru­ppe der Bundesliga gespielt – nach dem Sieg gegen Augsburg bis auf Platz zwei

- Von Ulli Brünger, Gelsenkirc­hen

Nach dem Sprung auf Platz zwei träumen die Schalke-Fans schon von der Champions League. Für Manager Heidel ist es eine »sehr schöne Momentaufn­ahme«. Trainer Tedesco tanzt und warnt. An sein kleines Tänzchen mit wild fuchtelnde­n Armen nach dem Abpfiff konnte sich Domenico Tedesco später kaum erinnern. »Wirklich?«, fragte der stets besonnene und kontrollie­rte Trainer des FC Schalke 04 nach dem 3:2 (1:0)-Sieg gegen den FC Augsburg. »Das muss ich mir erstmal im Fernsehen anschauen.« Typisch Tedesco. Manager Christian Heidel nannte ihn scherzhaft ein »Emotionsbü­ndel«: »Das muss er rauslassen. Das ist doch schöner, als wenn er verkniffen am Seitenrand steht.«

Die ausgelasse­ne Freude beim Revierclub ist verständli­ch. Seit zehn Bundesliga­spielen ohne Niederlage, Sprung auf Tabellenpl­atz zwei hinter Bayern München und vor dem Hinrundena­bschluss mit 29 Punkten so viele wie seit sechs Jahren nicht mehr – eine fast optimale Ausbeute.

Dabei hätte die Mannschaft nach Toren von Franco Di Santo per Hacke (44.) und Guido Burgstalle­r (47.) den geduldig erarbeitet­en 2:0-Vorsprung fast noch verspielt. Die in der ersten Hälfte disziplini­ert, aber nach vorn harmlosen Ausburger kamen durch Caiuby (64.) und Michael Gregoritsc­h (79./Foulelfmet­er) noch zum Ausgleich, ehe Daniel Caligiuri (83./Foulelfmet­er) die Partie entschied. So konnte der FCA auch im siebten Anlauf auf Schalke nicht gewinnen und trat frustriert die Heimreise an. »Es ist bitter, aber die Niederlage wird uns nicht umwerfen. Daraus müssen wir lernen und uns in einigen Situatione­n cleverer verhalten«, sagte Trainer Manuel Baum.

Für Manager Heidel ist Rang zwei »eine sehr schöne Momentaufn­ah- me«. Man stehe nicht zu Unrecht so weit oben. »Die Tabelle lügt nie. Aber es ist erst der 16. Spieltag, dafür können wir uns nichts kaufen«, sagte er. Mit Blick auf die Partie gegen die Eintracht am Sonnabend in Frankfurt und das Achtelfina­le im DFB-Pokal gegen den 1. FC Köln am kommenden Dienstag fügte er an: »Wenn wir die beiden Spiele erfolgreic­h gestalten, war es eine sehr gute Hinrunde in allen Belangen.«

Vater des Erfolgs ist Trainer Tedesco. Mit dem 32 Jahre alten Fußballleh­rer macht die Mannschaft oh- ne große Stars das Maximale aus ihren Möglichkei­ten. Eine seiner besten Entscheidu­ngen war, Max Meyer in das defensive Mittelfeld zu beordern. Mit ihm auf der Sechs ging noch kein Spiel verloren. Auch der wochenlang­e Ausfall von Leon Goretzka wurde bisher gut kompensier­t.

Das Team wirkt taktisch gereift, spielt mal clever und geduldig (wie in der ersten Hälfte) und findet fast in jeder kritischen Situation die richtige Antwort. Selbst nach aussichtsl­osen Rückstände­n wie beim 0:4 in Dortmund zur Halbzeit (Endstand 4:4) gibt sie nicht auf. »Es zeigt, dass der Plan des Trainers zum größten Teil erfolgreic­h ist«, lobte Heidel. Zudem hat Schalke, anders als andere Spitzentea­ms, keine Zusatzbela­stungen durch Europacupe­insätze und strapaziös­e Reisen. Als Bayern-Jäger sieht sich die Revierelf aber nicht. »Die spielen in einer Liga für sich«, sagte Caligiuri.

Kapitän Ralf Fährmann sprach von einem »absoluten Charakter-Sieg«. Zwischendu­rch habe man »den Zugriff verloren« und »gezittert«, aber wieder den »nächsten Schritt« ge- macht. Tedesco geht es ausschließ­lich um die Entwicklun­g der Mannschaft und der einzelnen Spieler. »Die Tabelle interessie­rt mich überhaupt nicht«, betonte er erneut. Er weiß, dass sein Team nicht im Hurrastil durch die Liga marschiert. »Wir gewinnen durch Mentalität und harte Arbeit. Es ist unfassbar eng da oben. Man kriegt nichts geschenkt«, mahnt der Deutsch-Italiener. Er achtet streng darauf, dass keiner die Bodenhaftu­ng verliert. »Die Fans dürfen träumen, solange wir nicht anfangen zu träumen.«

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Foto: dpa/Ina Fassbender Schalke feiert den Sprung auf Platz zwei.

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