Weniger Neutralität im Internet
Entscheidung in den USA könnte auch Folgen für Europa haben
Berlin. Die in den USA von der Telekommunikationsaufsicht FCC gekippte Netzneutralität könnte Folgen für Nutzer in Deutschland haben. In Europa würden Verbraucher sie »indirekt zu spüren bekommen«, sagte Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands am Freitag. Die Marktmacht großer Anbieter werde wachsen, die Auswahl auch für europäische Verbraucher schrumpfen. Direkte Auswirkungen seien aufgrund der strengen Regelungen auf EU-Ebene aber vorerst nicht zu erwarten. Netzaktivist Markus Beckefahl erwartet jedoch, dass die US-Entscheidung einen Trend setzen wird. Vodafone und Telekom würden bereits heute mit Diensten wie StreamOn oder Vodafone Pass die EU-Verordnung aushöhlen.
Die US-Telekomaufsicht FCC hatte am Donnerstag die Regeln zur strikten Gleichbehandlung von Daten im Internet abgeschafft. Künftig können Anbieter Inhalten Vorrang geben oder andere verlangsamen. Große Konzerne können sich damit eine Überholspur im Netz erkaufen.
In vielen Städten in den USA haben in den letzten Tagen Aktivisten und Bürger für den Erhalt der Netzneutralität demonstriert. Donnerstagnacht nun beschloss die »Federal Communications Comission« (FCC) mit drei zu zwei Stimmen die Abschaffung des Prinzips, laut dem Internetprovider alle Daten im Internet gleich schnell durchs Netz leiten müssen. Eingeführt hatte es die Obama-Regierung 2015. Künftig können Provider nun theoretisch einige Dienste oder besser zahlende Nutzer bevorzugen.
Doch das »Zwei-Klassen-Internet« kann trotz der Entscheidung der Regulierungsbehörde immer noch verhindert werden. Bis zu 18 Bundesstaaten könnten gegen die FCC-Entscheidung vor Gericht ziehen. Des Weiteren könnte der Kongress die Entscheidung mit einer Resolution »überstimmen«. Um dies zu erreichen, mobilisieren Aktivisten gerade dafür, Kongressabgeordnete mit massenhaften Telefonanrufen unter Druck zu setzen. Der Kampagne könnten sich nicht nur linke Aktivisten, Liberale oder Internetnerds anschließen, sondern auch rechte Libertäre und Trump-Wähler. Umfragen zeigen eine breite parteiübergreifende Zustimmung zur Netzneutralität. Außerdem haben Politiker in wichtigen Bundesstaaten wie Kalifornien bereits angekündigt, eigene Gesetze zur Netzneutralität – die die FCC allerdings verhindern will – zu erlassen.