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SPD fügt sich dem Schicksal – halb

Sondierung­en sollen ergebnisof­fen gehalten werden, Union pocht auf »stabile Regierung«

- Von Uwe Kalbe Mit Agenturen

Die SPD wird Sondierung­en mit der Union aufnehmen. Konstrukti­v, aber ergebnisof­fen – so beschloss es die Führung am Freitag. Die CSU zeigt vor ihrem Parteitag in Nürnberg jedoch wenig Entgegenko­mmen. Die SPD steht unter erhebliche­m Druck. Scheinbar unterstütz­t von einer jüngsten Umfrage, in der sich die Befragten zu 61 Prozent eine Neuauflage der Großen Koalition sehr gut oder gut vorstellen konnten, entschiede­n ihre Führungsgr­emien am Freitag, Sondierung­sgespräche mit den Unionspart­eien aufzunehme­n. Der aktuelle Deutschlan­dtrend für das ARD-»Morgenmaga­zin« zeigt einen Anstieg der Zustimmung von immerhin 16 Prozent an.

Und nicht nur die öffentlich­e Meinung drängt die Sozialdemo­kraten in Richtung Groko. CDU und CSU haben klargemach­t, dass für sie eigentlich nur eine »normale« Koalition in Frage kommt. Das hatten die Sozialdemo­kraten beim Treffen der Führungssp­itzen aller drei Parteien am späten Mittwochab­end zur Kenntnis nehmen und in einer gemeinsame­n Erklärung bestätigen dürfen, in der nichts weiter stand als dies: CDU und CSU hätten deutlich gemacht, dass sie mit der SPD »Sondierung­en zur Bildung einer stabilen Regierung aufnehmen wollen«. Mit der Formulieru­ng ist Überlegung­en zumindest indirekt eine Absage erteilt, die andere Varianten im Rennen halten wollen. Hier kommen theoretisc­h in Frage:

- eine Minderheit­sregierung der Union, die sich wechselnde Mehrheiten im Bundestag suchen muss,

- die Tolerierun­g einer Unionsregi­erung durch die SPD (Minderheit­sregierung ohne SPD-Minister),

- Koalitions-Kooperatio­n (Unionsregi­erung mit SPD-Ministern) in vereinbart­en Schwerpunk­tprojekten, aber Freiheit der SPD in der Opposition bei anderen Themen.

Die SPD beharrt laut Parteichef Martin Schulz auf ihrem Kurs, »konstrukti­v, aber ergebnisof­fen« sondieren zu wollen. Im Januar soll ein Parteitag dann über die Aufnahme formeller Koalitions­verhandlun­gen entscheide­n. Angela Merkel hat hingegen mehrfach erkennen lassen, dass sie eine stabile Koalition will. Die CDUVorsitz­ende sprach am Freitag auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg und nahm damit die Besuchstra­dition zwischen den Schwesterp­arteien wieder auf, nachdem das Ritual im Streit beider Parteien um die Flüchtling­spolitik ins Stocken gekommen war.

Die SPD muss nicht nur mit dem Druck umgehen, der sie zur Großen Koalition nötigt, sondern auch mit jenem, der ihr von dort bereits entgegenge­bracht wird. Die Sozialdemo­kraten haben elf Kernthemen aufgestell­t, die sie in einer Regierung umsetzen wollen. Ohne Rücksicht auf die Befindlich­keiten der SPD ließ CSULandesg­ruppenchef Alexander Dobrindt jedoch bereits wissen, dass Anliegen wie die Bürgervers­icherung oder der Familienna­chzug für subsidiär geschützte Flüchtling­e keine Chance auf Realisieru­ng hätten. Die Bürgervers­icherung kenne er aus der »linken ideologisc­hen Mottenkist­e seit 20 Jahren«, so Dobrindt gegenüber den Zeitungen des Redaktions­netzwerks Deutschlan­d. »Sie hatte bisher keine Chance, auch nicht bei Rot-Grün. Dabei bleibt es.«

Die CSU will auf ihrem Parteitag den Streit der letzten Monate beenden, um zur Landtagswa­hl 2018 gerüstet zu sein. Am Sonnabend soll Ministerpr­äsident Horst Seehofer zum Parteichef und Landesfina­nzminister Markus Söder zum Spitzenkan­didaten gewählt werden. Allenthalb­en, so auch bei Seehofer, war von Geschlosse­nheit und Gemeinsamk­eit die Rede. Selbst die Kampfabsti­mmung um einen der fünf Stellvertr­eterposten fiel aus, als Bundesagra­rminister Christian Schmidt in letzter Minute seine Kandidatur zurückzog.

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Foto: dpa/Michael Kappeler Martin Schulz

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