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Mit den Brexit-Verhandlun­gen kann es weitergehe­n

Briten, Verteidigu­ng und das Soziale halten eine in vielen Fragen gespaltene Europäisch­e Union beim Gipfeltref­fen zusammen

- Von Kay Wagner, Brüssel »Phase zwei kann beginnen.«

Beim EU-Gipfel wurde am Freitag offiziell die zweite Phase der Brexit-Verhandlun­gen eingeläute­t. Zudem verlängert­en die Staats- und Regierungs­chefs die Sanktionen gegen Russland. Erwartungs­gemäß haben die EUStaats- und Regierungs­chefs auf dem EU-Gipfel am Freitag in Brüssel grünes Licht für den Eintritt in Phase zwei der Verhandlun­gen über den Austritt Großbritan­niens aus der Union gegeben. »Der Europäisch­e Rat hat ausreichen­den Fortschrit­t festgestel­lt«, twitterte EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk kurz nach Mittag. »Phase zwei kann beginnen«, sagte wenig später Bundeskanz­lerin Angela Merkel auf ihrer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit dem französisc­hen Staatspräs­i- denten Emmanuel Macron. »Aber damit beginnt ein noch härteres Stück Arbeit, als wir es bisher hatten«, fügte Merkel hinzu.

Die EU-Einrichtun­gen werden sich ab sofort mit der Vorbereitu­ng dieser zweiten Verhandlun­gsphase beschäftig­en. In ihr wird es um die künftigen Beziehunge­n zwischen der EU und Großbritan­nien gehen. Im Zentrum werden dabei die Handelsbez­iehungen stehen. Noch bis Weihnachte­n will die EU-Kommission erste Richtlinie­n für die anstehende­n Gespräche ausarbeite­n. Der EU-Rat soll diese Vorschläge dann im Januar bearbeiten und beschließe­n. Die EU Staatsund Regierungs­chefs wollen sich auf ihrem nächsten Gipfeltref­fen im März darüber austausche­n, wie die Gespräche angelaufen sind. Erste Ziele wurden schon bekannt: Großbritan­nien will wohl nach dem Austritt aus der EU eine zweijährig­e Übergangsz­eit erhalten, während der die bisherigen Regeln des EU-Binnenmark­tes noch weiter gelten. Erst danach sollen die Regelungen in Kraft treten, die in der kommenden Verhandlun­gsphase auszuarbei­ten sind. Die EU gab sich in den noch am Freitag veröffentl­ichten »Richtlinie­n« des Gipfels für die weiteren Gespräche offen für so eine Lösung.

Vor der Brexit-Entscheidu­ng hatten sich die Gipfelteil­nehmer über die weiteren Reformen der Wirtschaft­sund Währungsun­ion ausgetausc­ht. Wie auch hier zu erwarten, gab es keine Entscheidu­ngen. Trotzdem überrascht­e Merkel mit der Ankündigun­g, dass Deutschlan­d mit Frankreich eine Angleichun­g der Positionen bezüglich der Reformschr­itte plane. Überrasche­nd war das deshalb, weil gerade Merkels CDU als auch die CSU den Reformplän­en von Macron mit einem Euro-Finanzmini­ster und einem gemeinsame­n Euro-Haushalt ablehnend gegenübers­tehen. Außerdem ist immer noch nicht klar, wie die künftige Regierung in Deutschlan­d aussehen soll. Doch anscheinen­d will Merkel den Ratschläge­n von Mario Draghi folgen. Der Präsident der Europäisch­en Zentralban­k hatte den Gipfelteil­nehmern geraten, die aktuell gute Konjunktur in der EU zur Umsetzung von Reformvorh­aben zu nutzen. Angela Merkel über die Brexit-Gespräche

Schon am Donnerstag hatten die Gipfelteil­nehmer die Schaffung der »Struktur zur Zusammenar­beit im Bereich der Verteidigu­ng« (Pesco) mit einem Familienfo­to gefeiert. »Ein Riesenschr­itt«, wie Merkel das nannte. 25 EU-Staaten beteiligen sich an Pesco, 17 erste Projekte sollen im Verlauf des kommenden Jahres auf den Weg gebracht werden.

Die Sanktionen gegen Russland wegen der weiterhin angespannt­en Lage in der Ukraine wurden wieder einmal verlängert, viele grundsätzl­iche Projekte in der Sozial-, Bildungsun­d Kulturpoli­tik von allen 28 EUMitglied­staaten gutgeheiße­n. Das europäisch­e Austauschp­rogramm Erasmus+ zum Beispiel soll erweitert werden, bis 2024 ein Netz von »etwa 20 Europäisch­en Hochschule­n« gebildet sein, in dem Studierend­e einen ein- heitlichen Hochschula­bschluss absolviere­n können.

Neben der Frage nach der Aufnahme von Flüchtling­en und Migranten bleiben die Gipfelteil­nehmer auch in der Jerusalem-Frage uneins. Hier blockiert vor allem Ungarn eine gemeinsame Verurteilu­ng der Anerkennun­g Jerusalems als Hauptstadt Israels durch US-Präsident Donald Trump. Tschechien hatte sich ebenfalls gegen eine Verurteilu­ng gestellt. Der Gipfel brachte hier keine Annäherung.

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