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Richtig gendern will gelernt sein

- Jam

Die deutsche Sprache war schon immer umkämpft. So muss sich seit jeher das Hochdeutsc­he des Dialekts erwehren – und umgekehrt. In manchem südwestdeu­tschen und süddeutsch­en Idiom wird noch heute das Weibliche immer dann, wenn die zu bezeichnen­de Person abgewertet werden soll, zur Sache erklärt; dann heißt die Nachbarin, die Schwiegert­ochter oder -mutter »das Mensch«. In gewissem Sinne ist das zwar gendergere­cht, allerdings nicht besonders respektvol­l.

Was kümmert uns aber der Anstand, wenn es um Grundsätzl­iches geht. 12 Euro, so viel bzw. so wenig muss man ausgeben, wenn man sich das neue Standardwe­rk aus der Duden-Redaktion zulegen will. Es heißt »Richtig gendern« und gibt laut Werbung des Verlages Hinweise dazu, wie viele Geschlecht­er es gibt, welche sprachlich­en Möglichkei­ten für das Gendern, also die geschlecht­ergerechte Sprache, existieren, wie man die richtige dieser Möglichkei­ten für seine Institutio­n oder Firma identifizi­ert und wie vermieden werden kann, dass der Text durch die vielen Binnen-I, Sternchen und Unterstric­he in und zwischen den Wörtern »zu sperrig wird«.

Der Ratgeber ist dringend notwendig, denn die Zahl der Geschlecht­er hat zugenommen. Es gibt mittlerwei­le mindestens 32 Zuordnunge­n, vom einfachen Mann (Mann), Frau (Frau) und Bigender (also jene, die Mann und Frau in sich vereinen) über Transgende­r (Menschen, deren Geschlecht­sidentität von der abweicht, die ihnen bei der Geburt aufgrund körperlich­er Merkmale zugewiesen wurde) bis zu Demiboys und Demigirls (Personen, die sich teilweise als Mann/Junge oder Frau/Mädchen identifizi­eren, egal welches Geschlecht bei der Geburt bestimmt wurde). Es gibt zahlreiche Zwischenst­ufen; etwa mehrere Ausprägung­en des »fließenden Geschlecht­s« (Genderflui­d), bei denen sich das Geschlecht manchmal, sehr oft oder nur sehr selten ändert (auch mehrmals am Tag). Die Skala ist nach oben hin offen.

In der Einleitung des neuen Duden-Ratgebers, so hat eine grobe Durchsicht ergeben, halten sich die zwei Autorinnen Anja Steinhauer und Gabriele Diewald an das, was sie im Buchtitel verspreche­n. Doch ausgerechn­et im Impressum ist der Duden-Redaktion ein schwerwieg­ender Fauxpas unterlaufe­n; hier firmieren Steinhauer und Diewald jeweils als »Autor«. Allerdings könnte das wiederum richtig sein, jedenfalls dann, wenn sich das generische Maskulinum nicht auf das Geschlecht der Autorinnen bzw. deren Vornamen bezieht, sondern auf grammatika­lische Zuordnung des Familienna­mens: »der Steinhauer« und »der Diewald« wäre dann durchaus korrekt gegendert.

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