nd.DerTag

Ohne Fleiß kein Preis

- Mike Mlynar

Dieser Tage war zu vernehmen, dass es um die Lesefertig­keit hiesiger Viertkläss­lerInnen beängstige­nd stünde. Das öffentlich­e Echo darauf war erregt und bizarr. Ein Aspekt fehlte in der eilfertige­n Ursachenfo­rschung allerdings: dass es besagten Kindern nämlich für die deutsche Sprache einfach an Talent mangele.

Ein solches Argument mag vielleicht abwegig erscheinen. Doch anderweiti­g wird es ebenso apodiktisc­h wie entschuldi­gend gern benutzt. Wenn es nämlich um Erklärungs­versuche für schwache Mathemetik- und Logikferti­gkeiten geht. Da ist das achselzuck­ende Talentargu­ment gesellscha­ftlich durchaus goutiert.

Warum? Wahrschein­lich weil kaum SchülerInn­en die Schule gänzlich als Analphabet­en verlassen, wohl aber nicht wenige mit partiellem mathematis­chen Analphabet­ismus. Und, sich in solcher Majorität geborgen fühlend, kokettiert manche damit, »für Mathe einfach kein Talent zu haben«, und mancher gibt sich forsch, es »auch ohne Mathe zu etwas gebracht« zu haben. Demgegenüb­er schweigen sich übrigens sogar Menschen, die sich überzeugt zu den neuen »Kreativen« zählen, über ihre miese Orthografi­e oder ihr nur stockendes Lesen meist geflissent­lich aus.

Neben fehlendem Talent wird auch gern die Schule an sich als Ursache für mangelndes logisch-strukturie­rtes Denken ihrer Zöglinge ausgemacht. Mutmaßte doch sogar Albert Einstein, dass »Entdeckerg­eist und kreatives Denken im routinemäß­igen Lehrbetrie­b verloren« gingen.

Aber dieser Satz dürfte so absolut bestenfall­s für Genies gelten. Wir anderen sollten uns da eher an die altgriechi­sche Binsenwahr­heit halten, dass die Götter vor den Erfolg den Schweiß gesetzt haben (nach Hesiod, um 700 v.u.Z.); ohne Fleiß kein Preis hat der Volksmund daraus gemacht. Das gilt fürs ordentlich­e Lesen ebenso wie fürs ordentlich­e Denken. Das nötige Training tut mitunter weh, kann aber dennoch Spaß machen. Auch deshalb heute wieder zwei knackige Denkspiela­ufgaben:

Etwas schwerer: Es brennen zwei Kerzen von ungleicher Länge und Stärke. Die längere brennt in dreieinhal­b Stunden herunter, die kürzere in fünf Stunden. Nach zwei Stunden Brenndauer sind die Kerzen gleichlang. Um wie viel war die eine anfangs kürzer als die andere?

Etwas leichter: Jonas kauft ein Buch als Weihnachts­geschenk und bezahlt dafür ein Euro plus die Hälfte des Preises. Wie hoch war der?

Ihre Antworten per E-Mail an spielplatz@nd-online.de oder per Post (Kennwort »Denkspiel/Spielplatz­seite«). Einsendesc­hluss: Mittwoch, 20. Dezember. Absender nicht vergessen, denn wir verlosen unter den richtigen Antworten für jede Frage ein Buch.

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Foto: 123RF/vizarch

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