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Ohne Stürmer zum ersten Sieg

Der 1. FC Köln startet mit dem 1:0 gegen Wolfsburg seinen Kampf gegen den Abstieg

- Von Andreas Morbach, Köln

Nach dem Sieg gegen Wolfsburg war die Erleichter­ung in Köln groß. Das 1:0 gelang mit der jüngsten FC-Elf seit 50 Jahren. Ob der Trainer weitermach­en darf, entscheide­t sich nach dem Pokalspiel gegen Schalke. Ihren Humor hatten die Kölner Fans durch den gesamten tristen Herbst gerettet – bis hin zum ersten Freudentag in der Liga. 16 Mal probiert, 16 Mal war nichts passiert in punkto Sieg. Dann aber schauten zum Vorrundenf­inale die Wolfsburge­r in der Domstadt vorbei, unterlagen dem vereinsamt­en Schlusslic­ht nach weitgehend verschlafe­ner Partie 0:1 – und die Anhänger in der Kölner Südkurve sangen voller Selbstiron­ie: »Keiner wird es wagen, unser’n FC Köln zu schlagen.« Nachdem die GeißbockKi­cker selbst zum ersten Mal überhaupt einen Gegner in der Bundesliga besiegt hatten.

Die Premiereno­pfer des Effzeh gaben sich nachher alle Mühe, den Nachmittag nicht als schlimmen Makel in ihrer Fußballerv­ita zu betrach- ten. »Wie eine Blamage fühlt sich das für uns auf keinen Fall an«, beteuerte Abwehrchef Robin Knoche. Denn: »Es war klar, dass Köln irgendwann das erste Mal gewinnen würde. Verlieren ist generell scheiße – egal, gegen wen.« Einen etwas anderen Sichtwinke­l bezog Martin Schmidt. Erst nach dem Gegentreff­er Mitte der zweiten Halbzeit sei das Offensivsp­iel seiner Elf erwacht, analysiert­e der Wolfsburge­r Trainer, betonte aber: »Das war kein Rückschrit­t, sondern eine verdiente Niederlage, aus der man mehr lernt, als wenn es noch 1:1 ausgegange­n wäre.«

Am Dienstag haben die Niedersach­sen bei Zweitligis­t Nürnberg noch die Chance auf den Sprung ins Pokalviert­elfinale. Ebenso wie die Kölner, die es zeitgleich auf Schalke allerdings mit einem deutlich kräftigere­n Kaliber zu tun bekommen. Immerhin: In der Liga verbuchten die Rheinlände­r beim 2:2 in Gelsenkirc­hen, dem Abschiedsm­atch von ExCoach Peter Stöger, kürzlich ein kleines Erfolgserl­ebnis. Hinzu gesellt sich nun der frische Rückenwind aus dem Wolfsburg-Spiel. Für Interimsco­ach Stefan Ruthenbeck, der zuvor alle drei Partien auf der Kölner Cheftraine­rbank verlor, blähen sich nun ebenfalls die Segel. Der neue Sportchef Armin Veh deutete gleich bei seinem Einstieg an, dass er die Fähigkeite­n, Überlegung­en und Pläne von Ruthenbeck sehr genau inspiziere­n werde, ehe er eine mögliche Suche nach einem namhaftere­n Kandidaten starte.

Am Tag nach dem Pokalspiel auf Schalke wollen sich die beiden Herren zusammense­tzen. »Die bisherigen Gespräche mit Herrn Veh waren überragend. Lassen wir uns überrasche­n, was dabei herum kommt«, erklärte Ruthenbeck respektvol­l wie zuversicht­lich. Und auch der Boss zeigte sich einer Fortsetzun­g der Zusammenar­beit gegenüber aufgeschlo­ssen. Nach dem knappen 0:1 am vergangene­n Mittwoch bei den Bayern lobte Veh bereits die gute Staffelung der Kölner Defensive – umso mehr nach dem Blick, den er später in die Bubirunde um sich herum geworfen hatte.

»Als ich mich in München in den Bus gesetzt habe, dachte ich, ich sei bei einer Jugendmann­schaft gelandet«, witzelte der 56-Jährige nach dem Erfolg über Wolfsburg, erzielt mit der jüngsten Kölner Startelf seit 1967. Dann setzte er genüsslich zur Verbalgrät­sche gegen den früheren Übungsleit­er Stöger an, als er spitz anmerkte: »Für die ersten 14 Spiele und die 13 Verletzten kann der jetzige Trainer nichts, dafür war sein Vorgänger verantwort­lich. Die Mannschaft ist körperlich und mental schwer angeschlag­en. Heute haben wir im Prinzip ohne Stürmer gespielt – da ist es normalerwe­ise nicht möglich, dass wir gegen Wolfsburg gewinnen.«

Zu sehen, wie disziplini­ert und aufopferun­gsvoll das Team von Stefan Ruthenbeck agiert habe, das sei für ihn wichtig, betonte Veh. Nach einer Partie, die Köln vor der Pause dominierte, in der 67. Minute durch den gerade eingewechs­elten Christian Clemens den entscheide­nden Treffer setzte – und die FC-Kapitän Matthias Lehmann mit Blick auf die 17 Spiele der Rückrunde so interpreti­erte: »Wir haben noch lange nicht aufgesteck­t. Natürlich ist der Glaube an den Klassenerh­alt noch da – sonst könnten wir hier die Lichter ausknipsen und ein halbes Jahr Urlaub machen.«

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Foto: imago/Darius Simka Der Moment der Erlösung: Christian Clemens (M.) trifft gegen die Wolfsburge­r Koen Casteels (r.) und Jeffrey Bruma zum Sieg für Köln.

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