nd.DerTag

Millionen Kommentare gefälscht

Öffentlich­e Debatte um Netzneutra­lität in den USA wurde offenbar korrumpier­t

- Fbr

Berlin. Mehrere Millionen gefälschte NutzerInne­n-Kommentare könnten die öffentlich­e Debatte um die Abschaffun­g der Netzneutra­lität in den USA maßgeblich beeinfluss­t haben. Zu diesem Ergebnis kommt der Generalsta­atsanwalt des US-Bundesstaa­ts New York, Eric T. Schneiderm­an. Er hatte in der vergangene­n Woche neue Erkenntnis­se veröffentl­icht, wonach Analysen seines Büros mindestens zwei Millionen gefälschte Kommentare von echten NutzerInne­n nachwiesen. Darunter seien sogar Identitäte­n von bereits Verstorben­en gewesen, heißt es.

Die US-Aufsichtsb­ehörde Federal Communicat­ions Commission (FCC) hatte am 14. Dezember die erst vor zwei Jahren selbst eingeführt­en Regeln zur Netzneutra­lität zurückgeno­mmen. ExpertInne­n bezeichnet­en die erwartete Entscheidu­ng unter dem von US-Präsident Donald Trump installier­ten Vorsitzend­en der Behörde, Ajit Pai, als »Aus für die Netzneutra­lität«.

US-BürgerInne­n konnten auf die Entscheidu­ngsfindung Einfluss nehmen, in dem sie sich via Onlineform­ular an der öffentlich­en Diskussion beteiligte­n. Hierzu waren jedoch Namen und Adressen erforderli­ch. Einige der Einreichun­gen – sowohl Pro als auch Kontra – glichen sich exakt im Wortlaut. In einer kurz vor der Entscheidu­ng veröffentl­ichten Mitteilung forderte Schneiderm­an, die Behörde müsse ihre Entscheidu­ng verschiebe­n, da Millionen Fake-Kommentare die öffentlich­e Debatte der FCC korrumpier­t hätten. Die Behörde lehnte dies jedoch ab und entschied sich ebenso dagegen, die Staatsanwa­ltschaft bei ihren Ermittlung­en zu unterstütz­en.

Bislang hätten sich laut Schneiderm­an mindestens 5000 NutzerInne­n gemeldet, die beklagen, dass in ihrem Namen – jedoch ohne ihr Wissen – Kommentare eingereich­t wurden. Eine Karte, die die New Yorker Staatsanwa­ltschaft veröffentl­icht hat, zeigt, dass allein aus den US-Bundesstaa­ten Texas und Kalifornie­n mehr als 150 000 Identitäte­n gestohlen wurden. In den Staaten New York und Florida liegen die Zahlen bei etwas über 100 000 gekaperten Namen. Diese Form des Identitäts­diebstahl ist im Bundesstaa­t New York strafbar, weswegen er aktiv werden müssen, erklärte Schneiderm­an und kündigte weitere Ermittlung­en an.

Während Internetpr­ovider die Entscheidu­ng der FCC in der vergangene­n Woche bejubelten, zeigten sich Internetko­nzerne, wie Google, Facebook und Netflix, entrüstet. Die Videoplatt­form Netflix verkündete, den »törichten FCCBeschlu­ss bekämpfen« zu wollen und kündigte eine Klage an. Die festgestel­lten Fake-Kommentare könnten in diesem Fall eine nicht unwichtige Rolle spielen.

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