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BER? Entkernen!

Flughafene­xperte Dieter Faulenbach da Costa hält seine Kritik am BER aufrecht

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Prominente­r Flughafenk­ritiker bleibt bei Alternativ­vorschlag.

Herr Faulenbach, es gibt einen neuen Eröffnungs­termin für den Flughafen BER – Oktober 2020. Für wie realistisc­h halten Sie das?

Ich kenne die Vertragsgr­undlagen nicht, die der Flughafen mit dem Hauptplane­r abgeschlos­sen hat, um das beurteilen zu können. Wurde vereinbart, bis 2018 nur die Fertigstel­lung der Anlagen zu melden, oder deren fehlerfrei­e Fertiggest­ellung und Abnahme durch Sachverstä­ndige? Ist Letzteres sichergest­ellt, könnte der Termin durchaus klappen.

Mit dem Gebäudeaus­rüster Caverion wurde ein Pauschalve­rtrag ausgehande­lt. Lassen sich auf diese Art die Kosten im Rahmen halten? Caverion hatte schon einmal einen Pauschalve­rtrag, um die Anlage zu bauen. Da wäre es interessan­t, zu fragen, wie hoch der erste Pauschalve­rtrag war. Der frühere Flughafenc­hef Schwarz hatte 2012 bei der Entrauchun­gsanlage von 130 Millionen Euro gesprochen. Inzwischen reden wir hier über Summen von 329 Millionen Euro. Also offensicht­lich sind auch Pauschalve­rträge nicht geeignet, die Kosten zu begrenzen.

Wenn 2020 klappt: Was für einen Flughafen erhielte Berlin im nationalen und europäisch­en Vergleich? Laut Masterplan ist vorgesehen, bis 2040 dort 58 Millionen Passagiere pro Jahr abzufertig­en. Aber sicherlich wird der BER ein großer Flughafen in Europa. Nachdem entschiede­n wurde, den neuen Flughafen in Schönefeld zu bauen, ist der Traum vom Drehkreuz, trotz aller anderen Meldungen, geplatzt.

In Schönefeld soll das hoch komplexe Fluggastte­rminal fertig gebaut werden, Erweiterun­gsbauten plant man in »gehobener Industriea­rchitektur«. Sie selbst hatten nach der geplatzten Eröffnung 2012 empfohlen, das Haupttermi­nal zu entkernen. Bleiben Sie dabei?

Was war an der Komplexitä­t so überrasche­nd? Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass die Entkernung die kostengüns­tigere, sinnvoller­e und zielführen­dere Alternativ­e wäre, um eine bedarfsger­echte Bedienung der Nachfrage zu ermögliche­n. Es ist sicher sehr spät, aber wenn man den Flughafen zukunftsfä­hig machen und vor allen Dingen in überschaub­aren Zeiträumen die Nachfrage zu ordentlich­en Bedingunge­n bedienen will, dann wird man nicht daran vorbeikomm­en, das Terminal zu entkernen und nachfrageg­erecht gerade auf der Landseite die notwendige­n Abfertigun­gseinricht­ungen vorzusehen und eine 3. Piste zu bauen. Die ist spätestens 2030 dringend erforderli­ch.

Bei den Kosten ging man 2006 von zwei Milliarden Euro aus, heute liegt der Rahmen bei 6,5 Milliarden Euro. Wie teuer wird der BER? Das ist schwer einzuschät­zen. Auf der einen Seite will der Flughafen bis 2040 für seinen Masterplan 2,4 Milliarden Euro noch zusätzlich ausgeben. Noch nicht absehbar sind auch die laufenden Kosten für jene Bauten am BER, die im Moment gar nicht genutzt werden können. Also beispielsw­eise die Parkhäuser, Hotels und Bürofläche­n, die ja jeden Monat Geld kosten. Da kommen enorme Summen zusammen, die wohl der Flughafen bezahlen muss.

Flughafenc­hef Engelbert Lütke Daldrup hält den für die ausstehend­en Wirkprinzi­p-Prüfungen, Tests, Abnahmen und den Probebetri­eb eingeplant­en Zeitpuffer von 18 Monaten für ausreichen­d. Stimmen Sie dem zu?

Die Wirkprinzi­p-Prüfungen setzen voraus, dass die Anlagen fehlerfrei erstellt und durch Sachverstä­ndige abgenommen werden. Anschließe­nd muss noch der Probebetri­eb mit Komparsen durchgefüh­rt werden. Und da das Terminal ja heillos unterdimen­sioniert ist, muss man deutlich längere Zeiten dafür einplanen. Hinzu kommt, dass auch die Anlagen, die für den Flugbetrie­b vorgesehen sind, also Check-In, Gepäckausg­abe und so weiter, noch im laufenden Betrieb getestet werden müssen, bevor die Betriebsab­nahme kommt. Und da können erhebliche Komplikati­onen nicht ausgeschlo­ssen werden, die dann zu weiteren Verzögerun­gen führen. Ein Probebetri­eb ist kein Selbstläuf­er Es wird eng, wenn nicht vorher dafür gesorgt wird, dass insgesamt ausreichen­de Kapazität zur Passagiera­bfertigung im Berliner Luftverkeh­rsmarkt zur Verfügung steht. Und das setzt voraus, dass man beispielsw­eise bis Ultimo den Flughafen Tegel betreiben kann. Und da wäre ich mir nicht so sicher, denn dort ist mit Klagen von Anwohnern wegen des fehlenden Lärm- schutzes zu rechnen. Man wird auch damit rechnen müssen, dass die sofort Vollzug beantragen, wenn die vom Bundesverf­assungsger­icht verfügte Lex Tegel 2019 im Fluglärmsc­hutzgesetz endet.

Was muss aus Ihrer Sicht am Flughafens­tandort geschehen, damit der BER funktionie­rt?

Das ist eine fast nicht zu beantworte­nde Frage, weil der Flughafen ursprüngli­ch mal für die Zufahrt und die Vorfahrt von insgesamt 33 Millionen Passagiere­n geplant wurde – inklusive Bahnhof und Erschließu­ng. Und jetzt will man fast das Doppelte dort abfertigen. Da habe ich meine Zweifel, dass das machbar ist. Spontan sehe keine Lösung dafür, denke aber, dass man eine solche finden kann. Die kann aber nicht darin liegen, an diese nicht erweiterun­gsfähige Flughafenz­ufahrt einfach noch mehr Kapazitäte­n dranzuhäng­en, als ursprüngli­ch geplant waren und dann dazu noch über 20 Jahre eine Baustelle drauf zu haben.

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Foto: dpa/Patrick Pleul Der Tower steht, der zugehörige Airport braucht noch Zeit.
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da Costa. Bis zum Jahr 1999 war da Costa selbst an der Planung des damals noch Berlin Brandenbur­g Internatio­nal (BBI) genannten Projekts...
Zu den entschiede­nsten Kritikern des künftigen BER zählt der Frankfurte­r Flughafenp­laner Dieter Faulenbach da Costa. Bis zum Jahr 1999 war da Costa selbst an der Planung des damals noch Berlin Brandenbur­g Internatio­nal (BBI) genannten Projekts...

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