nd.DerTag

Schikane statt Strafaufkl­ärung

Sebastian Bähr über die tendenziös­e G20-Öffentlich­keitsfahnd­ung

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Die Hamburger Polizei hat mehr als 100 G20-Protestier­er an den OnlinePran­ger gestellt. Abgesehen davon, dass diese Maßnahme unverhältn­ismäßig ist und junge Menschen ungeachtet der realen Tat auf Jahre stigmatisi­eren und einschücht­ern kann – es scheint, als diene die umfangreic­hste Öffentlich­keitsfahnd­ung in Deutschlan­d seit Jahren nicht der Strafaufkl­ärung, sondern staatliche­n Legitimati­onsversuch­en.

Ein Blick auf die von den Behörden präsentier­ten Videos zeigt: Prügelnde Beamte wurden offenbar herausgesc­hnitten, die einzige Auseinande­rsetzung bei der sonst friedliche­n Großdemo in Szene gesetzt. Die Konfrontat­ion in der Rondenbarg-Straße nahm man auf, obwohl kaum Gewalt seitens der Demonstran­ten zu sehen ist. Es geht bei dieser Präsentati­on nicht primär um Strafverfo­lgung, sondern darum, die Perspektiv­e des Sicherheit­sapparates zu stärken. Die kontextlos­en Videos und Fotos sollen nicht aufklären, sie sollen Wut auf Aktivisten erzeugen. Die Bevölkerun­g wird zum Denunziant­entum getrieben und von der Mitverantw­ortung der Politik und Polizei für die Gewaltspir­ale in Hamburg abgelenkt.

Die Aufarbeitu­ng der chaotische­n Gipfeltage kann durch diese Einseitigk­eit nicht gelingen. Das Demonstrat­ionsrecht fällt der staatliche­n Jagd zum Opfer. Die gesellscha­ftlichen Gräben vertiefen sich.

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