nd.DerTag

Nur für acht Wochen ein Minister

- Von Hendrik Lasch, Dresden

Sachsens CDU-Regierungs­chef hat sein Kabinett berufen. Die weithin unpopuläre­n Minister für Inneres und Finanzen müssen gehen, ebenso wie der KurzzeitCh­ef im Schulresso­rt. Es geht noch kürzer. CSU-Mann Franz Josef Jung leitete einst für 33 Tage das Ministeriu­m für Arbeit in Berlin, dann holte ihn eine Affäre aus seinem vorangegan­genen Job an der Spitze des Verteidigu­ngsressort­s ein. In Österreich warf ein FPÖ-Justizmini­ster mal nach 25 Tagen hin; Grund war die Gesundheit. Frank Haubitz brachte es immerhin auf 57 Tage als sächsische­r Kultusmini­ster. Sein Stuhl in dem Dresdner Gymnasium, an das er jetzt zurückkehr­t, ist trotzdem quasi noch warm.

Haubitz, ein Parteilose­r aus der Praxis, war im Oktober vom damaligen CDU-Ministerpr­äsident Stanislaw Tillich in das Kabinett berufen worden, als dieser schon seinen Rücktritt angekündig­t hatte. Inzwischen ist Michael Kretschmer als sein Nachfolger gewählt. Nun stellte der 43-Jährige seine Regierungs­mannschaft vor. Vier der Ministerie­n, die von der CDU besetzt werden, bekommen neue Chefs. Drei CDU-Minister bleiben im Amt, ebenso die drei vom kleineren Koalitions­partner SPD.

Mit der neuen Mannschaft will Kretschmer das Kunststück vollbringe­n, bis zur Landtagswa­hl 2019 die CDU zurück in die Erfolgsspu­r zu bringen. Bei der Bundestags­wahl hatte diese erstmals seit 1990 eine Wahl im Freistaat verloren und knapp hinter der AfD gelegen. In Sachsens CDU gibt man der Flüchtling­spolitik im Bund die Schuld, aber auch »hausgemach­ten« Faktoren, darunter einer Finanzpoli­tik, die Sparsamkei­t zur obersten Prämisse erklärte, während in den Schulen und bei der Polizei Personal fehlt. In den Kommunen stöhnt man zudem über ausufernde Bürokratie.

Es war daher erwartet worden, dass Finanzmini­ster Georg Unland keinen Platz am Kabinettst­isch mehr erhält. Zuletzt erklärte der Freiberger Professor selbst seinen Verzicht. Nicht überrasche­nd ist auch, dass der für Polizei und Kommunen zuständige Innenminis­ter Markus Ulbig abdanken muss. Staatskanz­leichef Fritz Jaeckel wurde, anders als erwartet, nicht in ein neues Ressort versetzt. Eine handfeste Überraschu­ng ist die Entlassung von Haubitz. Dem Polit-Neuling wurde seine Idee zur Verbeamtun­g von Lehrern zum Verhängnis, derentwege­n CDU-Abgeordnet­e offen seinen Rücktritt forderten. Seine Abberufung zeigt nach Ansicht von Grünen-Fraktionsc­hef Volkmar Zschocke, wie schwer es Seiteneins­teiger in der sächsische­n CDUPolitik haben.

Unter den neuen Ministern finden sich keine Quereinste­iger mehr. Haubitz-Nachfolger Christian Piwarz hat keine schulpolit­ische Erfahrung, sitzt aber seit elf Jahren im Landtag. Roland Wöller, der neue Innenminis­ter, ist sogar seit 1999 Abgeordnet­er; ab 2007 war er Chef im Agrar- und dann im Kultusmini­sterium, wo er 2012 im Streit um fehlende Lehrerstel­len hinwarf. Beide kennt Kretschmer aus der Jungen Union. Bei der Besetzung von Finanzmini­sterium und Staatskanz­lei griff der neue Regierungs­chef, der 15 Jahre im Bundestag saß, auf Berliner Netzwerke zurück: Matthias Haß und Oliver Schenk kommen aus den Bundesmini­sterien für Finanzen und Gesundheit.

Während Kretschmer von einer Mischung aus »Erneuerung und Erfahrung« spricht, erkennt Rico Gebhardt, Fraktionsc­hef der LINKEN, »nicht den großen Aufbruch«. Er merkt zudem an, dass bei sieben Neubesetzu­ngen auf Ebene der Minister und Staatssekr­etäre nur zwei gebürtige Ostdeutsch­e zum Zuge kamen. In Bayern, wird angemerkt, wäre so etwas undenkbar.

Newspapers in German

Newspapers from Germany