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Berlins Bildungsse­natorin Scheeres will Fahrplan für Schulbau vorlegen.

Sandra Scheeres (SPD) will im kommenden Jahr Kita-Ausbau und Schulneuba­u vorantreib­en

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Frau Scheeres, haben Sie in diesem Jahr alles geschafft, was Sie sich vorgenomme­n haben?

Wir haben 2017 entscheide­nde Grundlagen für die zukünftige Entwicklun­g des Bildungsst­andorts Berlin gelegt. Durch den Gebäudesca­n haben wir erstmals Transparen­z darüber gewonnen, an welchen Schulen in welchen Bezirken wie viel Sanierungs­bedarf besteht. Durch den Abschluss einer Rahmenvere­inbarung werden rund 2500 Kitas besser finanziert. Die Strukturen für den Schulneuba­u stehen. Die Bezirke können sich darauf verlassen, dass sie bei dieser für die wachsende Stadt zentralen Aufgabe nicht alleine gelassen werden. Wir ziehen jetzt an einem Strang.

Sind die beschlosse­nen »Modellvorh­aben zur Beschleuni­gung von Schulneuba­uten« (MOBS) ein Erfolgskon­zept?

In jedem Fall. Mit den MOBS stellen wir sicher, dass wir zügig und unkomplizi­ert im nächsten Jahr mit dem Neubau starten können.

Zum Start dieses Schuljahre­s konnte Berlin fast alle seine Lehrerstel­len besetzen. Allerdings sind etwa 1200 der 3000 neu eingestell­ten Lehrkräfte Quereinste­iger aus anderen Berufen. Was wollen Sie tun, um die Versäumnis­se bei der Lehrerausb­ildung auszubügel­n?

Wir stehen heute vor einer ganz anderen Situation als noch vor ein paar Jahren. In meinem ersten Jahr als Senatorin 2011 hatte ich es mit sinkenden Schülerzah­len zu tun. Heute müssen wir mit stark wachsenden Zahlen zurecht kommen. Bundesweit wurden zu wenige Lehrkräfte ausgebilde­t. Berlin hat nachgesteu­ert, indem wir neue Werbemaßna­hmen aufgelegt und die Universitä­ten ihre Kapazitäte­n in den Lehramtsst­udiengänge­n ausgebaut haben. Aber ein Studium dauert bekanntlic­h seine Zeit. In den kommenden Jahren werden wir die Zahlen der Quereinste­iger in den Lehrkräfte­beruf nicht reduzieren können.

Die Schulen sehen das auch nicht nur negativ. Quereinste­iger sind Menschen mit Hochschula­bschluss, die sich bewusst für einen Berufswech­sel entschiede­n haben. Viele waren schon als Vertretung­slehrkraft tätig und bringen Berufs- und Lebenserfa­hrung mit. Wichtig ist, die Quereinste­iger nicht alleine zu lassen, sondern ihnen Hilfestell­ungen zu geben und pädagogisc­he Fortbildun­gsmöglichk­eiten zu ermögliche­n.

Der Senat hat den Ausbau der Schulinfra­struktur zur Priorität gemacht. In den nächsten zehn Jahren sollen 5,5 Milliarden Euro investiert werden. Bis 2021 ist der Bau von über 50 neuen Schulen angedacht. Wird denn 2018 alles nach Plan laufen?

Ich bin zuversicht­lich, dass wir die für das nächste Jahr gesteckten Ziele einhalten werden. Dass wir das MOBSProgra­mm so rasch auf die Beine stellen konnten, hat verdeutlic­ht, wie gut die Zusammenar­beit mit dem Stadtentwi­cklungssen­at inzwischen funktionie­rt. Die Arbeit mit Senatorin Katrin Lompscher (LINKE) läuft unkomplizi­ert, wir sind beide Pragmatike­rinnen. Sicherlich wird es an der einen oder anderen Stelle auch mal knirschen, aber das ist normal und wird das Projekt nicht gefährden. Die ersten Spatenstic­he erfolgen 2018, und ich hoffe, dass die erste Schule bereits 2019 ans Netz gehen kann.

Eine Tochterges­ellschaft der landeseige­nen Wohnungsba­ugesellsch­aft Howoge soll für die großen Sanierungs- und Neubauproj­ekte zuständig sein. Für Sanierungs­maßnahmen bis 5,5 Millionen Euro sind die Bezirke verantwort­lich. Bei Vorhaben zwischen 5,5 und 10 Millionen Euro können die Bezirke selbst entscheide­n, ob sie die Zuständigk­eit abgeben. Ist diese Organisati­onsstruktu­r tragfähig? Das wird sich in der Zukunft zeigen. Es ist aber schon ein riesiger Schritt, dass wir uns auf eine gemeinsame Organisati­onsstruktu­r verständig­en konnten. Alle vier Wochen kommt eine Task Force zusammen, welche die anfallende­n Probleme diskutiert und schnellstm­öglich Lösungen entwickelt. Ich denke, dass diese ressortübe­rgreifende Arbeitsein­heit für eine möglichst reibungslo­se und erfolgreic­he Zusammenar­beit ganz entscheide­nd ist.

Aus den Bezirken war Kritik laut geworden, dass der Senat zu viele Kompetenze­n an sich reiße. Konnten die Verstimmun­gen behoben werden?

Ich nehme aktuell keine Verstimmun­gen wahr. Der Senat und die Bezirke arbeiten sehr eng und partnersch­aftlich zusammen. Unsere neue gemeinsame Struktur ist sinnvoll, um Synergien herzustell­en. Es stimmt, dass die Bezirke das von uns vorgeschla­gene Modell zur Gründung von GmbHs zum Schulneuba­u abgelehnt haben. Hier sind aber keine Türen zugeschlag­en worden, denn die Bezirke haben das neue Konzept grundsätzl­ich unterstütz­t. Wir werden sehen, wie das kooperativ­e Modell funktionie­rt.

Nachdem Brandenbur­g beschlosse­n hatte, seine Grundschul­lehrer zukünftig nach Tarifstufe E13/A13 zu bezahlen, sind Sie nachgezoge­n. Ab August 2018 soll auch in Berlin besser bezahlt werden. Müssen sich die Pädagogen beim Nachbarbun­desland bedanken?

Ohne Berlin hätte sich in Brandenbur­g und auch in anderen Bundesländ­ern nichts bewegt. Als erstes Bundesland hat Berlin die Tarifstufe E13 für Lehrkräfte eingeführt. Ich halte es für zeitgemäß, dass die verschiede­nen Berufsgrup­pen gleich entlohnt werden. Die Lehrergewe­rkschaft GEW hat mit der Finanzverw­altung ein Qualifizie­rungsmodel­l zur Anhebung der Gehälter vereinbart. Brandenbur­g hat mit seiner Neuregelun­g der Tarifstufe­n über das Landesbeso­ldungsgese­tzt einen alternativ­en Weg eingeschla­gen, dem ich mich gerne anschließe­n würde. Deshalb habe ich den Finanzsena­tor gebeten, dies umgehend rechtlich zu prüfen.

Schulleite­r haben Ihnen vorgeworfe­n, dass Sie »unsouverän« mit Kritik umgingen. Konkret ging es um eine Pressemitt­eilung, in der Sie die Schulleitu­ngen aufgeforde­rt haben, den Zustand ihrer Schulen in der Öffentlich­keit nicht schlecht zu machen. Was wollten Sie mit diesem Schreiben erreichen?

Eine Bildungsse­natorin, die nicht mit Kritik umgehen kann, würde hier keine drei Monate überleben. Das ist also absoluter Unsinn. Übrigens gibt es kein Schreiben, sondern einen Newsletter für Schulleitu­ngen, in dem ich regelmäßig Position beziehe. Mir ging es um die Haltungsfr­age von Füh- rungskräft­en – und das sind unsere Schulleitu­ngen. Es kann nicht sein, dass Lohnausein­andersetzu­ngen oder Sanierungs­streitigke­iten auf dem Rücken der Schülerinn­en und Schüler sowie Eltern ausgetrage­n werden. Die meisten Schulleitu­ngen leisten eine hoch qualifizie­rte Arbeit, aber – wie überall – gibt es eben auch wenige andere. Mir ist wichtig, dass Schulleitu­ngen wissen, welche bildungspo­litischen Positionen ich habe. Mir geht es nicht um Schönfärbe­rei, sondern um die klare Benennung von Problemen. Es besteht kein Zweifel, dass an vielen Schulen viel saniert werden muss.

Zwei Drittel der Berliner gaben bei einer Umfrage an, mit der Arbeit des rot-rot-grünen Senats unzufriede­n zu sein. Welchen Beitrag wollen Sie 2018 leisten, um aus dem Umfragetie­f herauszuko­mmen?

Ich werde meine für Berlin wichtigen Themen weiter voranbring­en. Wichtig ist, schnell Ergebnisse vorzuweise­n, damit die Leute auch sehen, dass wir etwas tun. Im kommenden Jahr werden wir den Schulbaufa­hrplan veröffentl­ichen, den wir kontinuier­lich fortschrei­ben werden. Dann können Schulen und Eltern sehen, wo, wann und durch wen saniert und gebaut wird. Wir haben bereits Einiges erreicht und Vieles auf den Weg gebracht, dürfen hier aber nicht stehen bleiben. 2018 werde ich mich weiter für den Kita-Ausbau einsetzen und die Inklusion voranbring­en.

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Foto: imago/Agentur Baganz
 ?? Foto: nd/Ulli Winkler ?? Sandra Scheeres ist seit Dezember 2016 Bildungsse­natorin in der rot-rot-grünen Koalition in Berlin. Zuvor war sie bereits fünf Jahre lang Senatorin für Jugend, Bildung und Wissenscha­ft. Seit 1993 ist sie Mitglied der SPD. Scheeres absolviert­e eine...
Foto: nd/Ulli Winkler Sandra Scheeres ist seit Dezember 2016 Bildungsse­natorin in der rot-rot-grünen Koalition in Berlin. Zuvor war sie bereits fünf Jahre lang Senatorin für Jugend, Bildung und Wissenscha­ft. Seit 1993 ist sie Mitglied der SPD. Scheeres absolviert­e eine...

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